Verfassungsbeschwerde - Hartz IV Wird die Rente vom Vater berücksichtigt?
07.09.2016, 11:52 UhrLebt ein Hartz-IV-Empfänger in einer Bedarfsgemeinschaft, werden auch Einkünfte und Vermögen der Mitbewohner bei der Berechnung der Leistungen herangezogen. Das stört einen jungen Mann. Das Bundesverfassungsgericht ist gefragt.
Hartz-IV-Leistungen dürfen gekürzt werden, wenn der Leistungsempfänger in einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft von Familienangehörigen unterstützt wird. Dies gilt auch dann, wenn - wie im verhandelten Fall - der Vater nicht zum Unterhalt des Sohnes verpflichtet ist (Az.: 1 BvR 371/11).
In dem verhandelten Fall hatte ein 21-jähriger Mann Verfassungsbeschwerde gegen entsprechende Kürzungen seiner existenzsichernden Leistungen eingelegt. Er bemängelte, dass die von seinem Vater bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente teilweise bei der Berechnung der Höhe seiner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bedarfsmindernd berücksichtigt wurde. Als Konsequenz daraus zahlte ihm die zuständige Behörde nur 80 Prozent der Hartz-IV-Regelleistung - obwohl er gegen seinen Vater keinen durchsetzbaren Unterhaltsanspruch hat. Der Mann sah sich dadurch seines Anspruchs auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums beraubt.
Ohne Erfolg. Laut Bundesverfassungsgericht kann von Familienangehörigen, die in familiärer Gemeinschaft zusammen leben, zumutbar erwartet werden, dass sie "aus einem Topf" wirtschaften. Bei der Ermittlung der Bedürftigkeit können daher grundsätzlich auch Einkommen und Vermögen von Personen einbezogen werden, von denen ein gegenseitiges Einstehen erwartet werden kann. Eine Anrechnung ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn zivilrechtlich kein oder nur ein geringerer Unterhaltsanspruch besteht. Maßgebend sind nicht möglicherweise bestehende Rechtsansprüche, sondern die faktischen wirtschaftlichen Verhältnisse der Hilfebedürftigen, also das tatsächliche Wirtschaften.
Weigern sich Eltern hingegen ernsthaft, für ihre nicht unterhaltsberechtigten Kinder einzustehen, würde es an einem gemeinsamen Haushalt und damit auch an der Voraussetzung einer Bedarfsgemeinschaft fehlen. Eine Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen scheidet dann aus. Ein Auszug aus der elterlichen Wohnung muss dann ohne nachteilige Folgen für den Grundsicherungsanspruch möglich sein.
Quelle: ntv.de, awi