Verdacht des Steuerbetrugs WM-Affäre könnte DFB 25 Millionen kosten
27.11.2015, 01:03 Uhr
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt gegen Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger (r), hier besuchten sie 2012 gemeinsam eine Preisverleihung.
(Foto: dpa)
In der WM-Affäre wird wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt. Eine Nachzahlung hätte es in sich: Mit Zinsen könnten einem Bericht zufolge bis zu 25 Millionen Euro fällig werden. Doch notfalls könnte eine Versicherung einspringen.
Die Affäre um die Weltmeisterschaft 2006 könnte den Deutschen Fußball-Bund nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" bis zu 25 Millionen Euro an Steuernachzahlungen und Zinsen kosten, vor allem im Falle einer nachträglichen Aberkennung der Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006. Die Finanzbehörden können im Falle eines Steuervergehens die Gemeinnützigkeit, die erhebliche Steuervorteile mit sich bringt, für das betreffende Jahr aufheben. Der DFB will das verhindern.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt gegen die einstigen Vizepräsidenten des Organisationskomitees (OK) der WM, Wolfgang Niersbach, Theo Zwanziger und Horst R. Schmidt, wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. Es geht um die dubiose Zahlung von 6,7 Millionen Euro, die angeblich an den Weltverband FIFA gegangen sein soll, deren Verwendungszweck aber weiter völlig offen ist. Anfang November hatten Steuerfahnder neben der DFB-Zentrale in Frankfurt am Main auch das Privatanwesen von Niersbach, Zwanziger und Schmidt durchsucht.
Die früheren OK-Akteure hingegen sind überzeugt, keine Steuern zu Gunsten des DFB hinterzogen zu haben. Aus ihrem Umfeld heißt es, die betreffenden 6,7 Millionen Euro seien zwar unter dem falschen Titel "Beitrag Kulturprogramm" verbucht worden. Sie seien aber als Rückzahlung eines Darlehens des früheren Adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus nichtsdestotrotz Betriebsausgaben gewesen, die vom DFB von der Steuer abgesetzt werden durften. Das Darlehen habe schließlich dazu gedient, eine Provision an den Weltverband Fifa zu zahlen, um in den Genuss eines hohen Fifa-Zuschusses für die WM zu kommen. Provisionen könnten steuerlich geltend gemacht werden.
Bisher nicht nachgezahlt
Diese Sichtweise soll auch der DFB teilen, der sich dazu nicht äußert. Zu dieser Verteidigungslinie passt, dass der DFB bisher noch keine Steuer-Nachzahlung ans Finanzamt geleistet hat. Nach Aufkommen der Affäre hatten verbandsinterne Berechnungen ergeben, dass inklusive Zinsen ungefähr 3,5 Millionen Euro fällig werden könnten. Kurz nach dem Rücktritt von Niersbach als DFB-Chef kündigte sein kommissarischer Nachfolger Reinhard Rauball am Rande des Länderspiels gegen Frankreich vor zwei Wochen eine baldige Überweisung an. Doch das geschah nicht.
Sollte dennoch eine Steuernachzahlung fällig werden, müsste der DFB von seinen früheren Präsidenten Niersbach und Zwanziger sowie von Ex-Generalsekretär Schmidt voraussichtlich Schadensersatz fordern. In diesem Fall könnte aber unter Umständen die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung greifen, die das OK für sein Präsidium und damit auch für diese drei Funktionäre abgeschlossen hatte. Solche Manager-Haftpflichtpolicen schließen alle großen Unternehmen für ihr Spitzenpersonal ab.
Regierung unterstützte Beckenbauer
Franz Beckenbauer war Chef des deutschen Bewerbungskomitees. Laut SZ warb er mit Hilfe der Regierung gezielt um die Stimmen der asiatischen Vertreter in der Fifa-Exekutive. Das würden Kanzleramtsakten belegen.
Den Unterlagen zufolge hatte Beckenbauer am 9. Juni 1999 zusammen mit seinem Vertrauten Fedor Radmann das Kanzleramt aufgesucht und dort erklärt, es komme vor allem auf die Stimmen der vier asiatischen Funktionäre in der Fifa-Exekutive an.
"Die Herren Beckenbauer und Radmann unterstrichen, dass die Beziehungen zu Katar und Saudi-Arabien sehr wichtig seien (von dort kommen zwei Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees)", heißt es dem Bericht zufolge in einem Vermerk des Kanzleramts über das Treffen. Danach folge der Satz: "Es wird Einfluss genommen auf die Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees von Südkorea und Thailand." Über die Art der Einflussnahme gibt es allerdings keine Informationen.
Dem Bericht zufolge geht aus den Unterlagen auch hervor, dass der damalige Regierungschef Gerhard Schröder Beckenbauer geholfen hat. So soll Schröder bei einem Treffen mit Mohamed Bin Hammam, einem Mitglied im Fifa-Exekutivkomitee, um Katars Stimme geworben haben. "Wir wissen um das Gewicht seiner Stimme im nationalen und internationalen Fußball," notierte demnach das Kanzleramt. Sicher war man sich dort bis zuletzt aber nicht, ob Deutschland den Zuschlag bekommt. So seien für Schröder sicherheitshalber auch zwei Reden für den jeweiligen Fall vorbereitet worden.
Quelle: ntv.de, hul/SID