"Collinas Erben" bestätigen Auch die Abseitsregel stoppt Hertha nicht
20.12.2021, 07:39 Uhr

Klare Entscheidung.
(Foto: imago images/Matthias Koch)
In Berlin und Sinsheim entscheiden die Unparteiischen in kniffligen Situationen richtig, teilweise auch dank des VAR. Gladbachs Ginter profitiert derweil bei einem Handspiel von einer Uefa-Anweisung, während Fabian Klos an seinem Timing im Zweikampf feilen sollte.
Als Hertha BSC im Spiel gegen Borussia Dortmund (3:2) nach einer Viertelstunde erstmals ins Tor der favorisierten Gäste traf, war der Jubel aufseiten der Berliner groß. Peter Pekarik hatte den Ball von der rechten Seite hereingegeben, an der Torraumgrenze liefen die Herthaner Myziane Maolida und Ishak Belfodil dem Spielgerät entgegen, verfolgt von Axel Witsel, der das drohende Ungemach zu verhindern suchte. Maolida war einen Tick schneller als sein Mitspieler und schob den Ball an Torwart Marwin Hitz vorbei ins Gehäuse des BVB. Schiedsrichter Marco Fritz gab den Treffer zunächst, doch dabei sollte es nicht bleiben.
Denn Video-Assistent Pascal Müller bemerkte bei der Überprüfung des Tores, dass sich Belfodil bei Pekariks Abspiel eine Fußlänge im Abseits befunden hatte. Zwar war Maolida der Torschütze, doch Belfodil könnte einen Gegner beeinflusst haben, nämlich Witsel. Eine solche Beeinflussung liegt laut Regelwerk zum Beispiel dann vor, wenn ein Spieler im Abseits mit einem Gegner einen Zweikampf um den Ball führt, wenn er eindeutig versucht, den Ball in seiner Nähe zu spielen, und dadurch Einfluss auf den Gegner nimmt oder wenn er eindeutig aktiv wird und so die Möglichkeit des Gegners beeinträchtigt, den Ball zu spielen.
Weshalb es bei Maolidas Treffer zum On-Field-Review kam
Anders als die Abseitsposition selbst, die sich mit den zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmitteln klar identifizieren lässt und damit faktisch ist, bedarf die Frage der möglichen Beeinflussung eines Gegenspielers aus dieser Abseitsstellung heraus einer Bewertung durch den Unparteiischen. Denn sie ist notwendigerweise subjektiv, bei ihr gibt es einen Graubereich. Weil das Schiedsrichterteam auf dem Feld die Abseitsposition von Belfodil nicht wahrgenommen hatte, musste Marco Fritz nun nachträglich bewerten, ob das Abseits auch strafbar war. Deshalb kam es zum On-Field-Review, das bei nicht faktischen Entscheidungen obligatorisch ist.
Der Referee, der seinen Assistenten Marcel Pelgrim mit zum Monitor nahm und ihn so in die Entscheidungsfindung einbezog, brauchte nicht lange, um die finale Entscheidung zu treffen: Belfodil war zum Ball gegangen und hatte dabei verhindert - auch unter Einsatz seines linken Arms -, dass der direkt hinter ihm befindliche Witsel an die Kugel kommt; somit lag auch ein Zweikampf um den Ball vor. Eine Beeinflussung von Witsels Möglichkeit, den Ball zu spielen, war also eindeutig gegeben. Deshalb annullierte Schiedsrichter Fritz das Tor nach diesem berechtigten Eingriff des VAR.
Hoffenheimer Ausgleichstor: Kein Abseits, kein Foul
Anders lagen die Dinge beim späten Ausgleichstreffer der TSG 1899 Hoffenheim in der Partie gegen Borussia Mönchengladbach (1:1). Nach einer Flanke von Kevin Vogt beförderte Ihlas Bebou den Ball per Kopf in die Strafraummitte, wo ihn Kevin Akpoguma annahm und ins Tor der Gäste schoss. Bei Bebous Vorlage war Georginio Rutter zwei Meter neben dem Torschützen im Abseits, er blieb aber passiv, befand sich auch nicht in der Sichtlinie von Torwart Yann Sommer zum Ball und beeinflusste auch nicht anderweitig die Möglichkeit eines Gegners, an den Ball zu kommen. Dass Schiedsrichter Sven Jablonski den Treffer anerkannte, war deshalb völlig richtig.
Daran änderte auch der Zweikampf zwischen dem Gladbacher Stefan Lainer und dem Hoffenheimer Dennis Geiger etwas abseits des Balles kurz vor der Torerzielung nichts. Lainer hatte Geiger erst mit dem Arm davon abzuhalten versucht, in die Nähe des Spielgerätes zu kommen, danach hatte Geiger an Lainers Arm gezogen, woraufhin Lainer zu Boden gegangen war. Die Gäste beschwerten sich deshalb vehement beim Referee, Sportdirektor Max Eberl sah dafür die Gelbe Karte. Doch dass Jablonski diesen Zweikampf, in dem sich beide Spieler mit grenzwertigem Einsatz bearbeiteten, nicht zulasten der Hoffenheimer beanstandete, ging in Ordnung.
Ginters Handspiel nach Maßgabe der Uefa nicht strafbar
Ebenso korrekt war es, nicht auf Handelfmeter zu entscheiden, als der Gladbacher Matthias Ginter in der 37. Minute einen Torschuss von Pavel Kadeřábek im eigenen Strafraum mit dem linken Oberarm abblockte. Zwar unternahm Ginter sogar eine leichte Bewegung mit diesem Arm zum Ball, dennoch handelte er regulär - weil sein Arm dabei vollständig am Körper angelegt war. Dass eine solche Spielweise regelkonform ist, hat die Uefa festgelegt und über eine sogenannte Referenzszene deutlich gemacht, die den Mitgliedsverbänden zu Lehrzwecken zugegangen ist. Sie stammt aus der Champions-League-Begegnung zwischen dem FK Krasnodar und dem FC Sevilla in der Vorrunde der Saison 2020/21.
Darin sieht man, wie der Krasnodarer Verteidiger Kaio beide Arme auf dem Rücken verschränkt hat und den heranfliegenden Ball gezielt mit dem linken Oberarm abwehrt, ohne dabei jedoch den Arm vom Körper abzuspreizen und so seine Trefferfläche zu vergrößern. Eine solche Spielweise steht nach Maßgabe der Uefa in Einklang mit den Regeln. In der Bundesliga gab es einen ähnlichen Fall im März 2019, als der Frankfurter Martin Hinteregger in der Partie bei Fortuna Düsseldorf auf vergleichbare Art im Strafraum den Ball spielte. Schiedsrichter Robert Hartmann gab seinerzeit einen Strafstoß, nahm diese Entscheidung nach einem Eingriff des VAR und einem On-Field-Review jedoch wieder zurück.
Im Spiel zwischen RB Leipzig und Arminia Bielefeld (0:2) intervenierte Video-Assistent Daniel Schlager derweil aus einem anderen Grund. Als der Bielefelder Fabian Klos nach 68 Minuten im Zweikampf mit Willi Orban einen Moment zu spät kam und statt des Balls schmerzhaft den Leipziger traf, zeigte ihm Schiedsrichter Frank Willenborg dafür die Gelbe Karte. Für derartige Volltreffer oberhalb des Knöchels mit den Stollen und hoher Intensität ist jedoch aufgrund der erhöhten Verletzungsgefahr ein Feldverweis vorgesehen. Weil hier ein Wahrnehmungsfehler vorlag, schaltete sich VAR Schlager ein, und Referee Willenborg änderte seine Entscheidung: Er zeigte Klos die Rote Karte. Das war so berechtigt wie der vorherige Eingriff des Video-Assistenten.
Quelle: ntv.de