Qualcomm bestimmt den Takt Die stärksten Smartphones kommen noch
04.03.2014, 20:50 Uhr
In fast jedem Top-Smartphone steckt derzeit ein Snapdragon-Prozessor von Qualcomm.
(Foto: Qualcomm/n-tv.de)
Die großen Smartphone-Hersteller tun vielleicht so, als läge es in ihrer Hand, wann sie neue Flaggschiffe vom Stapel lassen. Tatsächlich gibt in der Branche aber vor allem ein Unternehmen den Takt an: Chip-Hersteller Qualcomm.
Beim Mobile World Congress (MWC) in Barcelona gab es zwei große Smartphone-Premieren: Sony präsentierte das Xperia Z2, Samsung das Galaxy S5. Äußerlich könnten die Geräte kaum unterschiedlicher sein. Auf der einen Seite ein kantiges Gehäuse aus Glas und Metall, auf der anderen runde Formen und viel Plastik. Doch die Konkurrenten aus Japan und Südkorea haben eine große Gemeinsamkeit: In beiden schlägt Qualcomms Prozessor-Herz Snapdragon 801. Und sie sind nicht alleine. Liest man sich die Spezifikationen anderer neuer Smartphones und Tablets durch, findet man fast immer einen Chip des kalifornischen Herstellers. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob es sich um sündhaft teure Flaggschiffe oder Einsteigergeräte für kleine Geldbeutel handelt - auch im 89 Euro günstigen Nokia X werkelt ein Snapdragon.
"Strategy Analytics" hat laut "Electronics Weekly.com" ermittelt, dass Qualcomm am Ende des dritten Quartals 2013 bei den Baseband-Prozessoren einen Marktanteil von 67 Prozent erreichte. Zwei Jahre zuvor waren es noch rund 22 Prozent. Weit abgeschlagen folgten der taiwanische Hersteller MediaTek mit zwölf Prozent und Intel, das auf sieben Prozent Marktanteil kam. Betrachtet man alleine die Smartphone-Prozessoren hielt Qualcomm im vergangenen Dezember 53 Prozent, gefolgt von Apple (18 Prozent) und MediaTek (zehn Prozent). Samsung liegt nur auf dem vierten Platz. Es stellt zwar eigene Exynos- Prozessoren mit LTE-Modem her, doch haben sie sich bisher weder beim Galaxy S4 noch beim Galaxy S5 für den weltweiten Einsatz tauglich gezeigt. Das liegt nicht unbedingt an der fehlenden Unterstützung der LTE-Netze. Qualcomms deutscher Marketing-Chef Georg Schweighofer sagte im Interview mit n-tv.de, die Snapdragons seien oft auch eine günstigere Lösung.
Milliarden investiert
Ein Grund für Qualcomms rasanten Aufstieg war der frühe Einstieg ins LTE-Geschäft, das das Unternehmen mit immensen Investitionen vorantrieb. Insgesamt gab Qualcomm über vier Jahre verteilt für Forschung und Entwicklung rund 14 Milliarden Dollar aus. Anfang 2011 hatten die US-Amerikaner so bereits einen Marktanteil von 86 Prozent, der bis auf 95 Prozent angestiegen ist. Zwar haben die Konkurrenten inzwischen ihre Hausaufgaben gemacht und "Strategy Analytics" rechnet damit, dass sie Qualcomm in diesem Jahr ein paar Anteile abnehmen können. Das dürfte aber überwiegend auf dem chinesischen Markt und bei günstigeren Geräten der Fall sein.
In Barcelona zeigte vor allem Huawei mit Geräten mit neuen, hauseigenen LTE-Chips (Cat 4 und Cat 6) Qualcomm die Zähne. Ansonsten gab es kaum Anzeichen dafür, dass die Vorherrschaft der Amerikaner in diesem Jahr gebrochen werden könnte. Nvidia, das 2012 unter anderem noch das erste Nexus 7 und das HTC One X ausstattete, zeigte mit dem 7-Zoll-Tablet Tegra Note 7 zwar ein Lebenszeichen. Konkrete Aussagen, wann welche Geräte mit dem vielversprechenden Tegra K1 auf den Markt kommen, machte das US-Unternehmen aber nicht. In der zweiten Jahreshälfte werde man den Prozessor in mobilen Geräten finden, hieß es lediglich.
Geräte mit Snapdragon 805 im Sommer
Außer Huawei und Apple dürfte also auch 2014 kaum ein Hersteller außerhalb von China ein Flaggschiff ohne Snapdragon auf den Markt bringen. Im neuen HTC One, das am 25. März vorgestellt wird, werkelt aller Wahrscheinlichkeit nach wie im Galaxy S5 und im Xperia Z2 ein Snapdragon 801. Aber was kommt danach? War's das schon? Wohl kaum. Im Gegenteil: Die stärksten Smartphones kommen erst noch. Qualcomm h at schließlich den Snapdragon 805 in petto. Einen Chip mit vier bis zu 2,7 Gigahertz getakteten Krait-Kernen und einer Adreno-420-GPU. Er ist Ultra-HD-fähig und kräftiger, aber sparsamer als der 800er. Sein Modem unterstützt LTE Cat 6, womit theoretisch Download-Geschwindigkeiten von bis zu 300 Megabit pro Sekunde möglich sind. Manager Schweighofer sagte n-tv.de, die ersten Geräte mit dem neuen Snapdragon 805 kämen voraussichtlich Anfang des zweiten Halbjahrs auf den Markt. Smartphones, in denen der Prozessor arbeitet, seien bereits in der Testphase.
Wie das "Xperia Blog" berichtete, hat Sony bereits angekündigt, zwei Flaggschiffe pro Jahr zu veröffentlichen. Das Xperia Z2 sei nur das Flaggschiff der ersten Jahreshälfte, sagte Kreativ-Chef Kurozumi Yoshiro. Der Nachfolger, von dem Sony auch eine Compact-Version mit gleichem Innenleben herausbringen dürfte, ist ein sicherer Kandidat für den Snapdragon 805. Neben Android-Smartphones nutzen inzwischen auch Windows-Phone-Geräte Qualcomms kräftigste Prozessoren, Gerüchten zufolge könnte bereits im Sommer ein Nokia-Smartphone mit Snapdragon 805 herauskommen. LG hat für 2014 ebenfalls noch nicht alle Karten auf den Tisch gelegt. Der Nachfolger des G2 wird für den Sommer erwartet und sollte ein Gerücht von "Gizmodo" stimmen, wird LG auch auf dessen Basis das Nexus 6 fertigen. Stark anzunehmen, dass LG bei beiden Geräten auf den Snapdragon 805 setzt.
Was macht Samsung?
Vermutlich werden noch weitere Smartphones und Tablets mit Qualcomms neuem Chip bis Weihnachten auf den Markt kommen. Die große Frage aber ist, was Samsung macht. Es gibt ja bereits Gerüchte, wonach dem Galaxy S5 noch ein Premium-Modell folgen könnte. Es soll ein Metallgehäuse und ein ultrahochauflösendes Display haben. Wenn es tatsächlich kommt, könnte Samsung natürlich seinen eigenen Acht-Kern-Prozessor verwenden. Aber um Kosten zu sparen und auf Nummer sicher zu gehen, bietet sich auch der 805 an. Es ist jedenfalls eher unwahrscheinlich, dass Samsung dem kommenden iPhone nur das Galaxy S5 entgegenstellt, das dann nicht mal mehr unter Android-Smartphones den schnellsten Prozessor hätte. Spannend wird auch, ob die Südkoreaner den Nachfolger des Galaxy Note 3 im Spätsommer von einem Exynos-Prozessor oder der Snapdragon-Alternative auf Touren bringen lassen.
So oder so: Wer ein Smartphone mit den schnellsten Prozessoren des Jahres haben möchte, sollte sich vielleicht noch etwas gedulden. Die Hersteller müssen nachlegen, Qualcomm gibt den Takt an.
Quelle: ntv.de