Ehrgeizige Bowers & Wilkins Pi8 Klingen 400-Euro-Ohrhörer wirklich besser?


Die Bowers & Wilkins Pi8 gibt es auch in Blau, Weiß und Grün.
(Foto: kwe)
Die Bowers & Wilkins Pi8 kosten knapp 400 Euro, was für Bluetooth-Ohrhörer enorm viel ist. Dafür sollen sie aber einen entsprechend grandiosen Klang und eine exzellente, maßgeschneiderte Geräuschunterdrückung bieten. Ob das so ist oder die Ohren nur wegen des hohen Preises klingeln, zeigt der Praxistest.
Die aktuell besten kabellosen Bluetooth-Ohrhörer mit aktiver Geräuschunterdrückung (ANC) kosten meistens um die 250 Euro, einige sogar deutlich weniger. Für die frisch erschienenen Bowers & Wilkins Pi8 muss man sage und schreibe 399 Euro hinblättern, wofür man laut Hersteller aber auch "die neue Referenz in Sachen In-Ear-Kopfhörer" bekommen soll, die "neue Maßstäbe für technische Spitzenleistungen" setzt. ntv.de hat ausprobiert, ob die Pi8 dem gerecht werden und man den enormen Preisunterschied auch hören kann.
Stilvoll und bequem
Auf jeden Fall sehen die nach IP54 vor Staub und Wasser geschützten Ohrhörer mit dem feinen, schillernden Schriftzug auf der glänzenden Außenseite stilvoll aus. Die Verarbeitung ist einwandfrei und die Ohrhörer wirken hochwertig, obwohl sie wie die "billige" Konkurrenz überwiegend aus Kunststoff bestehen.
Die Pi8 sind recht klein und stehen kaum heraus, sitzen aber durch eine ergonomisch gelungene Form und kleine Silikon-Finnen sicher und äußerst bequem im Ohr. Bowers & Wilkins liefert zwar nur Silikon-Aufsätzen in vier verschiedenen Größen mit. Es handelt sich aber um Standard-Stöpsel, weshalb es im Ernstfall kein Problem ist, passende Aufsätze im Online-Handel zu finden.
Ladebox sendet in hoher Qualität
Die Ladebox ist zwar immer noch hosentaschentauglich, aber etwas größer ausgefallen als etwa bei den Apple Airpods Pro. Das hat einen sehr guten Grund, denn das Case kann als Sender dienen, wenn man es mit einem Fernseher, Bordsystem oder einer andere Wiedergabe-Quelle verbindet. Bowers & Wilkins liefert dafür neben einem USB-C-USB-C-Kabel auch eine USB-C-Klinke-Strippe mit. Box und Ohrhörer unterstützen die Codecs aptX Adaptive und aptX Lossless, die nahezu verlustfreie Bluetooth-Übertragungen ermöglichen.
Um die Klang-Feinheiten auch ins Ohr zu bringen, haben die Pi8 unter anderem aufwendige 12-Millimeter-Wandler mit Kohlefaser-Membranen. Auch Digital-Analog-Wandler, Signalprozessor und Verstärker sind laut Bowers & Wilkins keine Stangenware, sondern angepasste Komponenten vom Feinsten.
Herausragender Klang
Behaupten kann man viel, letztlich zählt nur, was man hört. Doch hier hat der Hersteller nicht übertrieben. Der Klang der Pi8 ist überragend gut, man hat fast das Gefühl, einen Bügel-Kopfhörer auf den Ohren zu haben.
Die Mitten sind extrem sauber definiert und bestimmen das Klangbild. Sie werden von hervorragenden Bässen unterstützt, die tief hinab reichen. Sie sind sehr kräftig, aber keinesfalls überbetont und drängen sich nie in den Vordergrund.
Gerade bei hochauflösenden Quellen liefern die Höhen dazu viele Details in einer zurückhaltenden Feinheit, wie man sie selten hört. Die Pi8 klingen aber auch bei komprimierten Standard-Streams exzellent. Und dabei spielen Lautstärke oder Musikstil keine Rolle, die Ohrhörer liefern immer ab. Die ungewöhnlich weite Stereobühne ist ebenfalls beeindruckend.
Sehr gute Geräuschunterdrückung
Auch was die sich automatisch anpassende aktive Geräuschunterdrückung betrifft, spielen die Pi8 in der Oberliga. Das ANC unterdrückt speziell Verkehrslärm oder Rauschen in Zügen sehr effektiv. Höhere Frequenzen dringen leichter durch. Gespräche oder klappernde Tastaturen im Büro etwa filtern die Ohrhörer nicht so wirksam, aber immer noch deutlich hörbar. Positiv ist außerdem, dass das ANC-übliche Eigenrauschen kaum wahrnehmbar ist.
Bei Telefonaten machen die Pi8 einen ebenso guten Job. Verständliche Gespräche sind auch in lauteren Umgebungen möglich, wobei beide Gesprächspartner recht natürlich klingen. Von starkem Wind haben sich die Ohrhörer im Test ebenfalls kaum aus der Ruhe bringen lassen.
Der Transparenzmodus verstärkt Umgebungsgeräusche nicht unangenehm stark, ermöglicht aber problemlos, sich zu unterhalten oder Ansagen zu hören. Ein Eigenrauschen ist zwar hörbar, hält sich aber in erfreulichen Grenzen.
Keine weitere Sonderausstattung
Die Steuerung über die Touch-Flächen der Stöpsel funktioniert problemlos und ist unkompliziert. Allerdings kann man an der Belegung der Gesten in der zugehörigen App fast nichts ändern. So hat man nur die Wahl, über lange Berührungen zwischen ANC und Transparenzmodus zu wechseln und einen digitalen Assistenten aufzurufen oder die Lautstärke zu regeln. Beides gleichzeitig ist nicht möglich.
Außer einem Equalizer bietet die App keine weiteren Anpassungsmöglichkeiten und Einstellungen. Dolby Atmos, 3D-Audio und andere für die Oberklasse fast schon üblichen Extras sucht man ebenfalls vergeblich. Dass man eine Bibliothek mit Material aus verschiedenen Streamingdiensten anlegen kann, ist ein schwacher Trost, denn die Auswahl ist hier sehr eingeschränkt.
Die Ausdauer ist mit rund sechs Stunden bei aktiviertem ANC ausreichend, aber nicht außergewöhnlich. Das Ladecase hat Reserven für weitere 13,5 Stunden. Ist der Akku der Stöpsel leer, genügen 15 Minuten in der Box für etwa zwei Stunden Wiedergabe. 120 Minuten dauert es auch ungefähr, sie vollständig zu laden.
Fazit
Um die Frage der Überschrift zu beantworten: Ja, in diesem Fall klingen 400-Euro-Ohrhörer besser. Der Sound der Pi8 ist herausragend gut und Ihre aktive Geräuschunterdrückung ist ebenfalls ausgezeichnet. Außerdem kann ihr Ladecase als Sender dienen.
Ansonsten haben die britischen Edel-Ohrhörer aber keine Extras zu bieten, die man bei anderen, günstigeren Oberklasse-Stöpseln findet. Wenn man darauf verzichten kann, der Preis keine große Rolle spielt und der beste Klang das Maß aller Dinge ist, führt aktuell kein Weg an den Bowers & Wilkins Pi8 vorbei.
Quelle: ntv.de