Technik

Cleverer Knopf im Ohr Sony Xperia Ear hört aufs Wort

Knopf im Ohr: Sonys Xperia Ear wird drahtlos mit dem Handy verbunden.

Knopf im Ohr: Sonys Xperia Ear wird drahtlos mit dem Handy verbunden.

(Foto: jwa)

Xperia Ear ist ein Bluetooth-Ohrstöpsel mit Sprachassistent, der seinen Besitzer den ganzen Tag begleitet - hilfreich und allzeit bereit. Gelingt Sony damit ein Geniestreich oder ist der Knopf im Ohr nur ein weiteres Wearable? n-tv.de hat's ausprobiert.

Nanu, fehlt da nicht ein Ohrstöpsel? Wer Sonys Xperia Ear zum ersten Mal auspackt, wird vielleicht überrascht sein. Denn anders als bei herkömmlichen Kopfhörern wird der kleine Assistent nur in ein Ohr gesteckt. Zum Musikhören eignet sich das nur bedingt, doch seine Bestimmung hat Ear ohnehin woanders: Der Ohrstecker ist ein cleverer Alltagsbegleiter und immer zur Stelle, wenn man eine Information braucht.

Sieht so die Zukunft von Kopfhörern aus? Oder ist Xperia Ear etwa eine neue Produktkategorie? Der 7 Gramm leichte Knopf im Ohr erinnert auf den ersten Blick eher an klassische Bluetooth-Headsets, die mittlerweile etwas aus der Mode gekommen sind. Aber er kann mehr: Er hört auf Kommandos, gibt Antworten und reagiert sogar auf Kopfschütteln oder Nicken, um Rückfragen zu beantworten.

Verbunden wird der kabellose Knopf wie gewohnt per Bluetooth mit dem Smartphone - iPhone-Nutzer haben hier das Nachsehen, denn bislang gibt es die zugehörige App nur für Android-Geräte. Nach der erfolgreichen Verbindung begrüßt den Nutzer eine freundliche Computerstimme, die gut verständlich spricht, mitunter aber abgehackt und unnatürlich klingt. Sie kann zudem in der deutschen Fassung den Produktnamen "Xperia Ear" nicht richtig aussprechen - gehört ja auch nicht zum deutschen Wortschatz, ist aber trotzdem unschön.

"Mobil oder Mobil?"

Mit dem Ear interagieren Nutzer per Sprache, ein Tastendruck am Ohrstöpsel aktiviert die virtuelle Assistentin. Sie hört aufmerksam zu und fragt bei Unklarheiten nach. Im ersten Test mit dem Google Pixel führte das zum Beispiel beim Versuch, einen Kollegen anzurufen, in eine Endlosschleife. Obwohl im Telefonbuch nur eine Nummer gespeichert ist, kam wiederholt die Frage: "Meinten Sie Mobil oder Mobil?" Weiter ging's von dort aus nicht, auch nicht mit der klaren Antwort: "Mobil!!!"

Das ist das grundsätzliche Problem von Sprachassistenten: Nur wenn die Kommunikation wirklich flott und absolut reibungslos funktioniert, erleichtern sie ihren Nutzern den Alltag. Das Ear schafft das im Test aber nicht immer. Bei einem Handy-Akkustand von 34 Prozent und voll aufgeladenem Ear (geladen wird der Ohrstöpsel in seiner Transportbox) teilte die App mit, der Akkustand sei zu niedrig.

Hilfreich, aber beschränkt

Geladen wird Xperia Ear in seiner Transportbox.

Geladen wird Xperia Ear in seiner Transportbox.

(Foto: jwa)

Nach dem Aufladen des Pixel-Akkus war Ear dann gar nicht mehr zu hören. In der Smartphone-App wurden Spracheingaben zwar noch protokolliert (auch das resignierte Tester-Fazit "ich höre nichts mehr"), die Reaktionen und Antworten des Assistant waren aber nicht zu hören. Ear blieb still und hatte damit jeglichen Nutzen verloren - womöglich gibt's noch Probleme mit Android 7.  

Mit dem Sony Xperia X Compact (Android 6.0.1) kam Ear dann besser zurecht. Hier funktionierte alles so, wie es soll. Trotzdem ist die Bandbreite an Funktionen beschränkt: Ear kann einfache Befehle umsetzen und erledigt einfache Aufgaben. Es trägt Termine ein, stellt Wecker und Timer, ruft Kontakte an oder verschickt SMS.  Auch eine Route mit Google Maps kann Ear zuverlässig raussuchen. Nutzer können zudem mit frei wählbaren Schlüsselwörtern beliebige Apps starten. Der Assistent liest das Wetter vor, aktuelle Schlagzeilen und eingehende Nachrichten - das allerdings teils schwer verständlich und abgehackt, wenn Worte vorkommen, die nicht zum Wortschatz der Sprachsoftware gehören. Man muss also genau hinhören, um das Vorgelesene zu verstehen. 

Das Wearable-Schicksal

Was Ear kann, kann es gut - es weiß sozusagen im Rahmen seiner Möglichkeiten zu überzeugen. Hervorzuheben ist zudem die gute, überraschend klare Sprachqualität beim Telefonieren auf beiden Seiten der Leitung. Allerdings kommt früher oder später immer der Moment, an dem der Assistent den Nutzer nicht richtig versteht, einen Befehl nicht ausführen kann ("Ich bin nicht in der Lage, …") oder man das Handy ohnehin aus der Tasche holen muss. Zum Beispiel, um die Maps-Route zu sehen, einen Termin jenseits der aktuellen Woche oder in fernerer Zukunft anzulegen oder um mit einer Dritt-App wie Whatsapp eine Nachricht zu schreiben.

Wo die Grenzen des Xperia Ear liegen, wird damit recht schnell deutlich. Der Knopf im Ohr teilt sich das gleiche Schicksal wie die vielen Smartwatches. Sie sind eine Verlängerung des Handys und verlagern einige Funktionen vom Smartphone-Display ans Handgelenk beziehungsweise ins Ohr. Das ist manchmal nützlich, vor allem am Arbeitsplatz oder unterwegs, dürfte allerdings bei vielen Nutzern eher für Schulterzucken sorgen - nicht zuletzt wegen der Akkulaufzeit, die im Standby mit rund 80 Stunden angegeben wird, bei intensiver Nutzung aber nur bei rund vier Stunden liegt. Ein "Must Have" ist Ear sicher nicht, eher ein nettes Gadget - ein weiteres Wearable, das mit seinem Preis von 199 Euro ein ähnliches Nischendasein wie viele Smartwatches fristen dürfte.

Quelle: ntv.de

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