Erreger greift Hirn an Aids kann Demenz auslösen
21.08.2007, 14:27 UhrDas Aidsvirus HIV setzt nicht nur das Immunsystem außer Kraft, sondern behindert auch die Vermehrung von Nervenzellen im Gehirn. Rund 20 Prozent der HIV-Infizierten bekommt daraufhin neurologische Störungen oder Demenzen. Forscher um Shu-ichi Okamoto vom Burnham Institute for Medical Research in La Jolla (USStaat Kalifornien) haben nun im Tierversuch herausgefunden, wie der Erreger ins Hirn eingreift. Die Resultate sind im Journal „Cell Stem Cell“ nachzulesen.
Das Problem wird ihrer Einschätzung nach künftig eine immer größere Rolle spielen, weil die Infizierten durch bessere Medikamente länger überleben und die Viren daher mehr Zeit haben, um das Hirn zu schädigen. Zudem dringen bisherige Präparate gegen die Immunschwäche - anders als das Virus selbst - nur schlecht bis ins Gehirn vor.
Folgenreiche Infektion
Zu den Folgen der Infektion zählen Störungen der Feinmotorik, Ungeschicklichkeiten, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Antriebsverluste und der Rückzug aus dem sozialen Umfeld. Während diese Fakten schon zuvor bekannt waren, wussten die Forscher bislang nur wenig über die molekularen Grundlagen. Das gesunde Hirn kann sich teilweise selbst erneuern oder reparieren, weil es die Vorläufer von Nervenzellen enthält. Diese gibt es unter anderem im Gyrus dentatus, einem Teil des Hippocampus. Diese Region des Hirns ist entwicklungsgeschichtlich sehr alt. Sie ist unter anderem daran beteiligt, Inhalte aus dem Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis zu überführen.
Die Gruppe um Okamoto schuf gentechnisch veränderte Mäuse, in deren Körper zusätzlich das Protein gp120 von der Oberfläche der Aidsviren entstand. Mit gp120 heftet sich der Erreger der Immunschwäche an die Oberfläche menschlicher Zellen und dringt in sie ein. In den nun beschriebenen Labormäusen reichte schon dieses Protein alleine aus, um die Zahl sich vermehrender Vorläuferzellen zu verringern. Als Vergleich dienten nicht veränderte, gesunde Mäuse. gp120 koppelt sich an der Oberfläche der Vorläuferzellen an zwei Rezeptormoleküle, die für gewöhnlich auf bestimmte Botenstoffe (so genannte Chemokine) aus der Umgebung reagieren.
Bindet sich hingegen gp120 daran, bleiben die Vorläuferzellen an einem besonderen Punkt ihrer Entwicklung stecken, statt sich - wie beim Gesunden - weiterzuentwickeln. An dieser Signalkette ist ein Protein namens p38MAPK beteiligt. „Wir zeigen zum ersten Mal, wie HIV die Vermehrung von neuralen Stammzellen unterbindet und die Entstehung neuer Nervenzellen im erwachsenen Hirn verhindert“, sagte der Leiter des Forschungsinstitutes und Co-Autor Stuart Lipton. Er weist darauf hin, dass derzeit bereits für mehrere andere Krankheiten Wirkstoffe getestet werden, um die Aktivität von p38MAPK zu verändern. Wenn sie sich als erfolgreich erweisen sollten, könnten sie womöglich auch gegen die vom HI-Virus ausgelösten Störungen im Hirn helfen.
Quelle: ntv.de