Wissenschaftler zuversichtlich Alzheimer früher erkennen
05.09.2006, 11:10 UhrDas Max-Delbrück-Centrum (MDC) in Berlin-Buch ist von diesem Mittwoch bis zum Samstag Gastgeber einer weltweit bislang einzigartigen Konferenz, bei der Genomforscher und Alzheimer-Experten gemeinsam neue Grundlagen und Ansätze zur Therapie dieser Erkrankungen diskutieren. Und die Experten sind hoffnungsfroh: Alzheimer und andere Demenz-Erkrankungen könnten nach Ansicht der Fachleute in Zukunft möglicherweise schon im Frühstadium erkannt und bekämpft werden. Der Berliner Molekulargenetiker Prof. Erich Wanker sieht vor allem in jüngsten Ergebnissen von Tierversuchen erste Ansätze dazu.
"Allerdings ist der Schritt von der Maus zum Menschen oft noch sehr groß", warnte der Experte für neurodegenerative Erkrankungen
"Es passiert sehr viel Spannendes zur Zeit", berichtete Wanker. So habe Dominic Walsh (Dublin) bestimmte so genannte Oligomere nachgewiesen, winzige Strukturen, die ein früher Marker und zugleich Auslöser von Demenz seien. "Schon diese Oligomere könnten eines Tages Zielscheiben neuer Medikamente werden, lange bevor sich die für Alzheimer typischen Eiweiß-Ablagerungen im Gehirn zeigen", erläuterte Wanker.
Ein Team um Prof. Ulrich Hartl (München) wiederum erforsche spezielle Hitzeschock-Proteine, so genannte Chaperone ("Anstandsdamen"), die die bei neurodegenerativen Erkrankungen typischen, missgefalteten Proteine erkennen und dabei helfen, sie wieder richtig zu falten. "Diese Chaperone hat jeder, aber mit dem Alter wird ihre Aktivität schwächer. Allerdings können die schwächelnden "Anstandsdamen" offenbar mit bestimmten Molekülen wieder aktiviert werden." Für seine Forschungen erhält Hartl an diesem Donnerstag in Hamburg den mit 750.000 Euro dotierten Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft 2006.
Auch der Kanadier Michael Hayden, dessen Veröffentlichung im Journal "Cell" jüngst für Aufsehen sorgte, wird in Berlin sein: Er hat im Tierversuch mit bestimmten Enzymen erfolgreich die zelluläre "Müllabfuhr" für die Eiweißablagerungen im Hirn angekurbelt und den Mäusen somit ihr Gedächtnis zurückgegeben. Wankers Berliner Team selbst arbeitet daran, die Missfaltung von Proteinen mit bestimmten Substanzen aus dem Grünen Tee zu verhindern. "Bis daraus jedoch Medikamente für den Menschen entstehen, werden noch viele Jahre vergehen", betont Wanker.
Derzeit ist Alzheimer nicht heilbar, sondern lässt sich mit Medikamenten lediglich im Verlauf um einige Zeit verzögern. Rund eine Million Menschen in Deutschland leiden an einer Demenzerkrankung, zwei Drittel davon an der vor 100 Jahren vom deutschen Nervenarzt Alois Alzheimer erstmals beschriebenen Krankheit.
Quelle: ntv.de