Ökologischer Supergau Artensterben in Kalifornien
26.10.2007, 09:11 UhrDie Waldbrände in Südkalifornien hinterlassen nicht nur ausgebrannte Häuser und verkohlte Berghänge. Die Katastrophe wird die Natur zwischen Los Angeles und der mexikanischen Grenze auf Jahre hinaus belasten. Ein Teil der ökologischen Schäden ist nach Ansicht von Wissenschaftlern nicht wieder gut zumachen.
Im Hinterland von San Diego brannten jetzt genau diejenigen Wälder, die schon vor vier Jahren in Flammen standen. Die Natur hat gerade angefangen, sich vom "Cedar Fire" zu erholen, das im Jahr 2003 mehr als 110.000 Hektar Land zerstört hat. Aber die jungen Bäume waren noch nicht reif genug, um bereits Samen zu entwickeln. Dies bedeutet, dass sich die Wälder diesmal nicht so leicht erholen. Statt dessen werden dort vermutlich Büsche und Gräser wachsen, die ursprünglich nicht zu dieser Landschaft gehörten. Sie werden die native Flora der Region verdrängen und ihr ein anderes Gesicht geben.
"So werden gewachsene natürliche Standorte zerstört", sagte Rick Halsey vom California Chaparral Institute mit Blick auf einen brennenden Berghang in der Nähe seines Hauses in Escondido. "Das Problem besteht darin, dass wir nun ein Habitat mit exotischen Pflanzen bekommen, die sich jedes Jahr neu regenerieren und immer wieder in Brand geraten können." Die Zuzügler keimen eher als die zuvor vorhandenen Pflanzen und füllen die von den Bränden hinterlassenen Lücken schneller, als sich die eingesessene Flora erholen kann.
Kaum Chance auf Erholung
"Das ist wie mit einem Boxer, der mehrfach K.O. geschlagen wird", erklärt der Biologe Wayne Spencer vom Conservation Biology Institute in San Diego. "Die Wahrscheinlichkeit, dass er sich nochmal erholt, wird immer geringer."
Die neu angesiedelten Pflanzen bilden nicht so tiefe Wurzeln wie die im Feuer zerstörten Bäume. Damit wächst die Gefahr der Bodenerosion und das Risiko von Erdrutschen.
Aufgrund von Langzeituntersuchungen im Anschluss an die Brände von 2003 erwarten die Forscher für die verkohlten Flächen eine zunehmende Verbuschung und eine geringere Artenvielfalt. Naturschützer beklagen besonders den Verlust der alten Kiefern im Nationalpark San Bernardino und der alten Wälder in den Palomar-Bergen bei San Diego. Fichten, Weißtannen und jahrhundertealte Eichen sind verloren gegangen und haben kaum eine Chance, sich zu regenerieren. Die Biologen fordern mit aller Dringlichkeit rasche Maßnahmen zur Aufforstung, damit die Wälder nicht für alle Zeit verschwinden.
Für manche Tiere könnte das zu lange dauern. Akut gefährdet sind die Kalifornienspottdrossel (Toxostoma redivivum) oder das Strauchkaninchen (Sylvilagus bachmani). Andere Arten wie der Felsenzaunkönig (Salpinctes obsoletus) könnten vielleicht von der Veränderung der Landschaft profitieren, da sie besser an die Lebensbedingungen im Ödland angepasst sind. Aber für viele gefährdete Reptilienarten wie Eidechsen und Schlangen sind die Waldbrände eine echte Tragödie. Erst wurde ihr Lebensraum durch das Vordringen von Siedlungen und Vorstädten beschnitten. Nun sind auch noch ihre letzten Rückzugsgebiete zerstört.
Quelle: ntv.de