Kernfrage der Ökologie geklärt Artenvielfalt hängt sehr von Temperatur ab
31.12.2016, 08:50 Uhr
Die Vielfalt an Pflanzen und Tieren nimmt mit sinkender Temperatur ab. Das Foto entstand am Kilimandscharo auf einer Höhe von etwa 3800 Metern.
(Foto: Andreas Ensslin/dpa)
Der Artenreichtum ist auf der Erde sehr unterschiedlich verteilt und besonders in den Tropen besonders ausgeprägt. Aber wovon hängt die Artenvielfalt ab? Die Frage beschäftigt Biologen seit Jahrzehnten. Nun haben Forscher eine Antwort gefunden.
Die Artenvielfalt auf der Erde hängt einer Studie zufolge vor allem von der Temperatur ab. Dies schließt ein internationales Forscherteam aus einer umfassenden Analyse von Pflanzen- und Tiergemeinschaften am Kilimandscharo. Damit sei eine Kernfrage der Ökologie geklärt, betonen die Autoren um Marcell Peters von der Universität Würzburg im Fachblatt "Nature Communications".
Der Artenreichtum ist auf der Erde sehr unterschiedlich verteilt und insbesondere in den Tropen besonders ausgeprägt - im Gegensatz etwa zu den arktischen Regionen. Umstritten ist jedoch seit Langem die Frage, wovon diese Biodiversität vor allem abhängt. Verschiedene Hypothesen machen dafür etwa die Temperatur, das Wasserangebot, die Höhe der Primärproduktion, die Ausdehnung eines Lebensraums oder bestimmte geografische Rahmenbedingungen hauptverantwortlich. Studien, die sich jedoch nur auf kleine Gruppen von Organismen konzentrierten, kamen bislang zu unterschiedlichen Resultaten, wie die Forscher berichten.
Umfangreichste Analyse zu dieser Frage

Der 5895 Meter hohe Kilimandscharo mit seinen unterschiedlichen Klimazonen ist für die Ökologie ein bedeutendes Forschungsfeld.
(Foto: Anna Kühnel /dpa)
Das Team um Peters, dem knapp 40 Wissenschaftler angehörten, unternahm nun die nach eigenen Angaben umfangreichste Analyse zu dieser Frage: Auf der Südseite des Kilimandscharo analysierten die Forscher bei dem vierjährigen Projekt die Tier- und Pflanzengemeinschaften in einer Höhe zwischen 870 Metern - am Fuß des ostafrikanischen Bergs - und 4550 Metern. Dabei untersuchten sie sämtliche Gruppen von Gefäßpflanzen sowie 16 Tiergruppen, darunter Ameisen, Bienen, Käfer, Vögel und Fledertiere. "Um manche Flächen zu erreichen, waren Bergwanderungen von mehreren Tagen nötig", wird Erstautor Peters in einer Mitteilung seiner Universität zitiert.
Die Analyse der Resultate ergab zwar, dass die Verbreitung einzelner Gruppen von vielen diversen Einflüssen abhing. Je größere Lebensgemeinschaften die Forscher jedoch berücksichtigten, desto stärker kristallisierte sich die Temperatur als wichtigster Faktor heraus. "Unsere Studie ist beispiellos in Hinsicht auf die Abdeckung von Gruppen, welche Verallgemeinerungen und Schlussfolgerungen zulassen, die mit früheren Datensätzen nicht möglich waren", schreiben die Autoren.
"Bei etwa 50 Prozent der Gruppen war Temperatur der stärkste Faktor für den Artenreichtum, aber bei der anderen Hälfte schienen andere Variablen größere Bedeutung zu haben." So enthielt etwa die tief gelegene und besonders warme Trockensavanne für die meisten Gruppen die höchste Artenvielfalt, obwohl in diesem Areal sowohl die Niederschläge als auch die Primärproduktion eher gering ausfallen.
"Je mehr Gruppen von Tieren und Pflanzen man parallel untersucht, umso mehr nimmt die Bedeutung der Temperatur für die Erklärung der Artenvielfalt zu, während die Bedeutung aller andere Variablen entsprechend abnimmt", betont Peters.
Ergebnis nicht völlig überraschend
"Es gab schon früher viele Studien zu der Frage", sagt Holger Kreft von der Universität Göttingen, der nicht an der Arbeit beteiligt war. "Sie haben daran gekrankt, dass sie eine oder nur wenige Gruppen von Organismen untersucht haben. Der große Wert dieser Studie ist, dass das Team mit großem Einsatz und mit viel Akribie so viele Gemeinschaften analysiert hat."
Das Ergebnis, betont der Biologe, sei jedoch nicht völlig überraschend. "Die Temperatur ist der primäre Faktor für die Artenvielfalt, erst danach kommt die Verfügbarkeit von Wasser." Dies gelte nicht nur für Höhenstufen in Gebirgen, sondern auch für Landschaftsgürtel entlang geografischer Breiten. Auch in den Meeren sei die Temperatur der ausschlaggebende Faktor.
Quelle: ntv.de, Walter Willems, dpa