Keine Stammzellen nötig Aus Hautzellen werden Adern
10.08.2012, 14:36 Uhr
Immer mehr Reprogrammierungen sind nun auch ohne Stammzellen möglich.
Zellen aus der Haut eines erwachsenen Menschen lassen sich in neue Blutaderzellen verwandeln. Dafür ist es noch nicht einmal nötig, das Ausgangsmaterial in den Status embryonaler Stammzellen zu versetzen. Dieses Verfahren lässt sich als "unvollständige Reprogrammierung" beschreiben und wurde nun erstmals zur Züchtung von Aderzellen benutzt.
In einigen Versuchen gelang sogar die Umwandlung von Hautzellen zu Herzzellen.
Eine der wichtigsten biologischen Erkenntnisse der vergangenen Jahre war, dass sich erwachsene Körperzellen zu anderen Zellen umbauen lassen. Aus Hautzellen des Menschen wurden so zum Beispiel die Vorläufer von Blutzellen. Andere Gruppen ließen Hautzellen von Mensch und Maus zu funktionierenden Nervenzellen werden. Unter den passenden Bedingungen wurden Hautzellen der Maus auch schon zu Herzzellen.
In vielen dieser Fälle wurden vier Signalproteine (OCT4, SOX2, KLF4 und c-MYC) in die Hautzellen gebracht. Sie starten darin ein genetisches Programm, an dessen Ende die Hautzellen zu Stammzellen werden. Und aus denen wiederum können fast alle Zelltypen des Menschen hervorgehen. In einem zweiten Schritt lenken Forsche die so gewonnen Stammzellen (induzierte pluripotente Stammzellen, iPS) in die gewünschte Richtung. Trotz vieler erfolgreicher Beispiele befindet sich diese Technik aber noch im Stadium der Grundlagenforschung.
Reprogrammierung in nur vier Tagen
Mithilfe von Labormäusen haben Wissenschaftler die Umwandlung der Zellen nachgewiesen.
(Foto: picture alliance / ZB)
Einem Team um Quingbo Xu vom King’s College London British Heart Foundation Centre ist es nun gelungen, die Hautzellen eines Erwachsenen zu Aderzellen umzuwandeln. Xu und Kollegen ließen die vier Signalproteine nur vier Tage lang auf menschlich Hautzellen wirken. Dies reichte aus, um die Zellen auf einen anderen Entwicklungspfad zu schicken. Das Team hat dafür auch einen Namen geprägt: PiPS (teilweise induzierte pluripotente Stammzellen). Dieses Verfahren verzichtet auf den vollständigen Stammzellen-Umweg. Nach den vier Tagen ließen die Wissenschaftler die Zellen in einer speziellen Nährlösung weiterwachsen. Mit der Zeit wurden daraus Zellen, die sich am Wachstum von Blutadern beteiligen.
Der Nachweis dafür gelang auf verschiedene Weise. Zunächst zeigte sich, dass die Behandlung das genetische Programm für Aderzellen startete. Im Tierversuch an Mäusen mit schweren Durchblutungsstörungen erhöhten die Zellen den Durchfluss. Zudem wurden die neuen Zellen im Labor in ein Gel gegeben, um deren Wachstum zu analysieren. Auch dort zeigten sie das typische Verhalten von Aderzellen, sie bildeten Röhren, in denen sie sich auch auf die richtige Weise anordneten.
Nach diesem Stand dauert es etwa zwei Wochen, um die Hautzellen eines hypothetischen Patienten zu Aderzellen umzubauen, schreibt Xu. In der vorliegenden Studie wurden Zellen von drei Menschen auf die beschriebene Weise umgestaltet, Patienten mit Infarkten oder Durchblutungsstörungen waren aber nicht darunter.
Quelle: ntv.de, dpa