Hochwasserschutz Bis 2030 ausreichend
07.08.2007, 10:21 UhrDurch den Klimawandel ausgelöste Sturmfluten und ein steigender Meeresspiegel könnten in den kommenden Jahrzehnten an Küsten und Flussufern für erhebliche Probleme sorgen. "Noch müssen wir uns bei der Deichsicherheit keine grauen Haare wachsen lassen", sagt der Direktor des Instituts für Küstenforschung in Geesthacht, Hans von Storch. Bis 2030 werde der derzeitige und geplante Küstenschutz ausreichend sein. "Danach muss die Situation aber neu bewertet werden", betont von Storch. Eventuell brauche Deutschland sogar einen Strategiewechsel.
Die Küstenländer investieren unterdessen Millionen in den Schutz von sensiblen Inseln wie Sylt, von Stränden und Städten. Ähnlich ist die Situation an den Flussdeichen der Binnenländer. Aus den Fluten der vergangenen Jahre an Elbe und Oder hätten die Verantwortlichen allerdings nur teilweise gelernt, sagt der Cottbusser Professor für Wasserwirtschaft, Uwe Grünewald. Er fordert etwa, dass in potenziellen Überflutungsgebieten nicht weiter gebaut wird. "Sonst werden wir immer wieder große Schäden haben." Darum müssten die Kompetenzen für den Hochwasserschutz in Flussgebieten stärker in die Hände des Bundes gelegt werden: "Sonst wird es immer wieder regionale Sonderlösungen und Ausnahmeregelungen geben."
Sturmfluten ab Mitte des Jahrhunderts gefährlicher Meteorologe von Storch geht davon aus, dass die Sturmfluten an der Nordseeküste ab Mitte des Jahrhunderts gefährlicher werden. Wissenschaftler hätten berechnet, dass zwischen 2070 und 2100 Erhöhungen der maximalen Sturmwasserstände an der deutschen Nordseeküste zwischen 20 und 40 Zentimeter wahrscheinlich seien. Zudem werde der globale Temperaturanstieg einen Anstieg des mittleren Meeresspiegels von 30 bis 40 Zentimeter hervorrufen.
Für den Hamburger Pegel von St. Pauli ergibt sich laut von Storch ein Anstieg der Sturmwasserstände für 2030 von etwa 20 und für 2085 von etwa 70 Zentimetern: "Darauf müssen wir uns einstellen." Aus seiner Sicht sollte darüber nachgedacht werden, Flüsse und das Meer nicht komplett durch Deiche einzuschließen: "Mehr Überflutungsgebiete in dünn besiedelten Regionen sind sinnvoll und denkbar."
Angesichts der spektakulären Bilder von Orkanen und Sturmfluten vor allem von den Inseln in der Nordsee warnt von Storch jedoch vor Panik. "Es hat schon immer Sturmfluten gegeben. Es gibt derzeit nicht mehr davon als früher auch." Kritisch sieht der Forscher die Schutzmaßnahmen an Inseln durch Sandvorspülungen und Buhnenanlagen. "Inseln sind immer in Bewegung. Was an der einen Stelle durch Wind und Wellen abbricht, wird an der anderen wieder angelagert." Diese Wanderung werde man nicht auf Dauer verhindern können.
Die sturmfluterprobte Hansestadt Hamburg sieht sich für mögliche extreme Wetterlagen durch den Klimawandel gut gerüstet. "In fünf Jahren wird eine millionenteure Sanierung der Hochwasserschutzanlagen an der Elbe abgeschlossen sein", sagt die Sprecherin der Stadtentwicklungsbehörde, Kerstin Feddersen. Im Schnitt seien die Deiche und Schutzanlagen um einen auf bis zu neun Meter erhöht worden.
In Schleswig-Holstein werden für den Küstenschutz entlang der etwa 1.190 Kilometer langen Küstenlinie jährlich zwischen 40 und 50 Millionen Euro ausgegeben. Dies betreffe alle Anlagen an Nord- und Ostsee sowie der Unterelbe, sagt der Sprecher des Umweltministeriums, Christian Seyfert. Das nördlichste Bundesland sei gut auf die möglichen Veränderungen durch den Klimawandel eingestellt.
Deichbau ist aber nicht alles: Wichtig sei neben den rein technischen Vorbereitungen auf neue Spitzenwerte bei den Wasserständen auch ein gutes Vorsorge- und Vorhersagesystem und intensive Forschung, so Feddersen. "Hochwasserschutz ist nie abgeschlossen."
Quelle: ntv.de