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Neuer NASA-Chef nominiert Bolden kennt Turbulenzen

Charles Bolden, von US-Präsident Barack Obama als neuer Chef der Weltraumbehörde NASA nominiert, ist an Turbulenzen gewöhnt.

Charles F. Bolden als NASA-Pilot 1990.

Charles F. Bolden als NASA-Pilot 1990.

(Foto: Associated Press)

Charles Bolden, von US-Präsident Barack Obama als neuer Chef der Weltraumbehörde NASA nominiert, ist an Turbulenzen gewöhnt. Als Kampfflieger absolvierte der Afro-Amerikaner über 100 Vietnam-Einsätze, als Shuttle-Astronaut war er vier Mal im All unterwegs. Jetzt soll der 62-Jährige die NASA durch schweres Wetter steuern - Finanzprobleme, das Ende der Shuttle-Ära und nicht zuletzt Skepsis im Obama-Lager in Sachen bemannter Raumfahrt werfen dunkle Schatten. Die Zukunft der bemannten US-Raumfahrt ist ungewiss, die Stimmung in der NASA entsprechend schlecht: Obama stellt das gesamte "Constellation"-Programm samt angepeilter Mond- und Mars-Missionen auf den Prüfstand - der Ausgang ist offen.

Ausgerechnet David Leckrone, Manager im viel gepriesenen Projekt des Weltraumteleskops "Hubble", platzte kürzlich öffentlich der Kragen. "Es gibt keine Führung da oben, es gibt keine Vision, die den Stab, den wir übergeben, weitertragen können", sagte er bei einer Pressekonferenz. Wenn er an die Zukunft der NASA denke, kämen ihm die Tränen - so viel Gefühl ist ansonsten bei kühlen Technikern tabu.

Bolden war im Auftrag der NASA vier Mal im All.

Bolden war im Auftrag der NASA vier Mal im All.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ähnlich hatte sich bereits der zurückgetretene NASA-Chef Michael Griffin beim 50. NASA-Jubiläum im vergangenen Sommer geäußert. "Wir haben viele Dutzend Milliarden Dollar ausgegeben, um im Weltall einen klaren Vorsprung über alle anderen Länder der Erde zu bekommen." Doch man sei dabei, das zu verspielen. "Wir leben von den Früchten, die wir in den ersten 40 Jahren erreicht haben."

Ungewisse Zukunft

Niemand weiß derzeit, was Obama wirklich vorhat. Die von ihm einberufene Kommission soll bis Ende des Sommers Vorschläge vorlegen. Die ersten Vorboten sind allerdings ernüchternd: Zwischen 2011 und 2013 will die Regierung 3,5 Milliarden Dollar (2,5 Milliarden Euro) am "Constellation"-Programm sparen - immerhin fast zehn Prozent der ursprünglich eingeplanten Gelder für diese Zeit.

Von April 2005 bis Januar 2009 war Michael D. Griffin Chef der NASA.

Von April 2005 bis Januar 2009 war Michael D. Griffin Chef der NASA.

(Foto: AP)

Das "Constellation"-Projekt ist Kernstück für die Zukunft der NASA und geht auf Initiative von Ex-Präsident George W. Bush zurück - das präsidiale Stichwort für das ehrgeizige Unternehmen lautete "Zum Mond, zum Mars und darüber hinaus". Bis 2020, so die bisherige Planung, sollen US-Astronauten mit dem neuen "Orion"-Raumfahrzeug zum Mond zurückkehren, dort eine ständige Basis bauen - und im Jahr 2037 die erste bemannte Mars-Mission starten. NASA-Leuten schlägt bei so viel Zukunftsmusik das Herz höher - doch was die von Obama einberufene Kommission bis August vorschlagen wird, steht in den Sternen. Ein völliges Aus des "Constellation"-Programms gilt allerdings eher als unwahrscheinlich - Bolden selbst gilt schließlich als ausgesprochener Fürsprecher der bemannten Raumfahrt.

Das Ende der Shuttles

Zunächst einmal bringt das Ende der Shuttle-Ära erhebliches Kopfzerbrechen für den Neuen an der NASA-Spitze. Im nächsten Jahr, sobald die Raumstation ISS fertiggestellt ist, sollen die altersschwachen und Risiko anfälligen Orbiter nach rund einem Vierteljahrhundert ausrangiert werden. Da aber das Nachfolge-Vehikel nach bisherigem Zeitplan frühestens Mitte des nächsten Jahrzehnts fertig sein soll, ist jeder Astronaut, der zur ISS will, auf eine "Mitfahrgelegenheit" in den russischen "Sojus"-Kapseln angewiesen - für viele bei der NASA kein angenehmer Gedanke. Eine "schwierige und heikle Übergangsphase", nennt das die "Washington Post".

Zu allem Überfluss zunächst könnte Bolden selbst in gehörige Turbulenzen geraten: Das anstehende Bestätigungsverfahren im Senat dürfte lebhaft bis stürmisch werden. Der Ex-Generalmajor hatte bis vor kurzem Verbindungen zur Raumfahrtindustrie, zu solchen Firmen, die auch beim "Constellation"-Programm dabei sein sollen - Kritiker werden dies als Lobby-Tätigkeit ins Visier nehmen.

Quelle: ntv.de

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