Bald Volkskrankheit Nummer 3 COPD tötet langsam und millionenfach
10.04.2015, 08:22 Uhr
Mit Röntgenuntersuchungen kann der Zustand der Lunge überprüft werden.
(Foto: imago/Jochen Tack)
Für viele Raucher gehört das morgendliche Abhusten zum Alltag. Wenn dann Kurzatmigkeit beim Treppensteigen dazukommt, ist das immer noch kein Alarmsignal - obwohl diese Symptome bereits eine schwere Lungenerkrankung bedeuten könnten.
Chronic Obstructive Pulmonary Disease, kurz COPD ist die schwierige Bezeichnung für eine nicht heilbare Lungenkrankheit. COPD entwickelt sich lange Zeit unbemerkt im Verborgenen. Dabei nimmt die Funktion der Lunge stetig ab. Die Krankheit wird bei den meisten Betroffenen erst diagnostiziert, wenn schon ein großer Teil des Organs betroffen ist. Da Rauchen die Hauptursache für die Entstehung der Krankheit ist, könnten Tausende COPD-Erkrankungen verhindert werden.
Doch das Gegenteil ist der Fall. COPD wird laut Prognose der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf der Liste der häufigsten Todesursachen weltweit auf Platz drei steigen. Unter den ersten zehn dieser Liste wird COPD in Zukunft die einzige mit steigenden Zahlen sein. Dafür gibt es mehrere Gründe: Die Krankheit ist nicht heilbar, verläuft schleichend und die Schäden in der Lunge sind irreversibel. Dazu kommt, dass weltweit immer mehr Menschen immer früher im Leben zur Zigarette greifen. Damit erhöht sich ihr Risiko, an COPD zu erkranken. Die Zunahme der Luftverschmutzung weltweit ist ein weiterer Faktor. Bisher, so schätzen Experten, leiden rund 600 Millionen Menschen weltweit an COPD.
Rauch macht Bronchien schutzlos
Raucher sind sich meistens nicht bewusst, dass sie mit jeder Zigarette die Schutzfunktionen in ihrem Körper mit Gewalt überwinden. "Wenn man eine Zigarette geraucht hat, dann wird die Müllabfuhr in der Lunge für acht Stunden lahmgelegt", erklärt Dr. Michael Barczok, Pneumologe und Sprecher des Bundesverbandes der Pneumologen in einem Gespräch mit n-tv.de. Die Flimmerhärchen in den Bronchien, die für den Abtransport von Schleim und Dreck verantwortlich sind, werden durchs Rauchen gelähmt. "In diesen acht Stunden sind die Bronchien völlig ungeschützt allen Reizen und Umweltverschmutzungen ausgesetzt. Um die Bronchien trotzdem zu schützen, bildet der Körper vermehrt Schleim. Da auch dieser von den Flimmerhärchen nicht abtransportiert werden kann, wird ein Hustenreiz ausgelöst, der langjährigen Rauchern als Raucherhusten gut bekannt ist.
COPD entwickelt sich im Durchschnitt bei Männern nach 30 Jahren, wenn sie pro Tag eine Schachtel Zigaretten rauchen, bei Frauen nach 20 Jahren mit einer Packung pro Tag. Aus diesem Grund beginnen die ersten Symptome bei Betroffenen erstmals mit Mitte Vierzig mit dem bereits erwähnten Raucherhusten. Vor allem morgens muss "abgehustet" werden. Begleitet wird dieser oft mit einem klaren Auswurf. Mit zunehmendem Alter verändert sich sowohl die Intensität des Hustens als auch Konsistenz und Farbe des abgehusteten Schleims. Weil sich viele Raucher an Husten und Schleim gewöhnen, nehmen sie diese Symptome oft nicht ernst. Selbst Atemgeräusche, Enge in der Brust oder Leistungsminderung werden von Betroffenen nicht mit einer möglichen Lungenerkrankung in Verbindung gebracht. Dabei könnte eine frühe COPD-Diagnose und die anschließende Therapie den Verlauf der Erkrankung aufhalten, manchmal sogar stoppen und damit das Risiko an COPD zu sterben, senken.
Weniger Luft, weniger Bewegung, weniger Lebensqualität
Der Raucherhusten ist nur der Beginn eines Teufelskreises, wenn COPD im Spiel ist. Denn im weiteren Verlauf werden Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit nach und nach abnehmen. Auch damit scheint sich nicht nur der Betroffene, sondern auch der Körper zunächst zu arrangieren. Erst wenn es zu einer sprunghaften Verschlimmerung der COPD, einer sogenannten Exazerbation, kommt, gehen Betroffene zum Arzt. "Dann ist oftmals schon ein großer Teil der Lunge zerstört", weiß Barczok.
"Egal in welchem Stadium sich die COPD-Patienten befinden, wir setzen alles daran, um sie wieder zu aktivieren und in Bewegung zu bringen", betont der niedergelassene Pneumologe . Denn COPD zerstört nicht nur die Lunge, es ist eine sogenannte Systemerkrankung. Das heißt, im fortgeschrittenen Stadium ist mehr als nur die Lunge beteiligt. Durch die dauerhafte Schädigung des Lungengewebes wird vor allem die rechte Herzkammer geschädigt. "Da die Lunge durch COPD immer härter und starrer wird, muss die rechte Herzkammer auch immer mehr Druck aufwenden, um das Blut vom Herzen in die Lunge zu pumpen", erklärt Barczok. Dafür ist sie auf Dauer jedoch nicht ausgestattet. So kommt es zur Überlastung der rechten Herzhälfte, zur sogenannten Rechtsherzinsuffizienz. "Daran sterben übrigens auch die meisten COPD-Patienten", ergänzt Barczok.
Mit dem Fortschreiten der Erkrankung werden auch die Muskulatur, Blutgefäße und Knochen in Mitleidenschaft gezogen. Durch den Sauerstoffverlust im Körper bewegen sich COPD-Patienten immer weniger. Die Schonung führt zum Abbau von Muskulatur und einem allgemeinen Leistungsabfall. So wird die Entwicklung von Osteoporose begünstig. Aber auch psychisch hinterlässt COPD tiefe Spuren. Die immens eingeschränkte Belastbarkeit und die immer wiederkehrende Atemnot können zu Angstzuständen führen. Zudem können sich Depressionen entwickeln.
Quelle: ntv.de