Gibt es Leben auf dem Mars? "Curiosity" geht auf Landekurs
05.08.2012, 11:46 Uhr
Am frühen Montagmorgen landet die US-Raumsonde "Curiosity" nach neun Monaten im All auf dem Mars. Noch nie zuvor war ein Landeverfahren zugleich so komplex und gefährlich. Die Techniker selbst sprechen von den "sieben Minuten des Schreckens".
An unserem Nachthimmel ist der Mars nicht mehr als ein unscheinbar kleiner, rötlich schimmernder Punkt. Doch dort, in rund 250 Millionen Kilometer Entfernung, beginnt am frühen Montagmorgen um 7.31 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit eine lange geplante Forschungsmission: Der Mars-Rover "Curiosity" landet auf unserem kosmischen Nachbarn.
Neun Monate lang schoss das "Mars Science Laboratory" (MSL), wie der offizielle Name des Gefährtes lautet, durch das Weltall – und nun ist es kurz vor seinem Ziel. Der Rover von der Größe eines Kleinwagens ist der bislang größte, der auf einem anderen Planeten landen soll. Doch bis dorthin ist es trotz der vergleichsweise geringen Distanz noch ein langer Weg, voller Stolpersteine und Gefahren. Schon zu Beginn der Mission kann alles schiefgehen, und dann war alle Arbeit umsonst. Die Missionskontrolleure selbst bezeichnen die Landephase des MSL als "die sieben Minuten des Schreckens".
Die Landung: Komplex und riskant
Die Landung von "Curiosity" ist nicht nur der wichtigste Wegpunkt der bislang teuersten, größten und technisch ausgefeiltesten Marsmission. Sie ist auch der heikelste und schwierigste Abschnitt des kompletten Missionsablaufes. Nie zuvor war die Landetechnik eines Rovers auf einem anderen Himmelskörper so ausgefeilt – und zugleich so gefährlich. Die Vorgängermissionen, die die drei Sonden Sojourner (1997), Spirit und Opportunity (2004) auf den Mars brachten, nutzen Airbags für die Landung. Das sieht recht brachial aus und erinnert an einen Flummi, wenn die Rover, eingehüllt in Airbags, aus rund 20 Metern Höhe auf die Marsoberfläche fallen und noch einige Male "hüpfen", bis sie zum Stillstand kommen.
"Curiosity" ist jedoch zu schwer für ein solches Landeverfahren. Deshalb haben die Nasa-Techniker ein komplexes Verfahren entwickelt, das den rund eine Tonne schweren Rover behutsam auf der staubigen Oberfläche unseres Nachbarn absetzen soll – mit Hilfe eines sogenannten "Sky Cranes". Nachdem die Konstruktion samt Rover per Fallschirm stark abgebremst wird, sollen Raketenantriebe die Geschwindigkeit weiter drosseln. Nun wird der Kran aktiv und lässt "Curiosity" an drei Seilen herab. Der Rover schwebt einige Meter unter dem Sky Crane, während dieser langsam weiter sinkt. Sobald der Sensor des MSL dem Kran Bodenkontakt meldet, kappt dieser die Seile und schießt davon, um in rund 150 Metern Entfernung auf der Marsoberfläche zu zerschellen. So weit zur Theorie.
Wenn dieser Prozess am frühen Montagmorgen in rund 250 Millionen Kilometer Entfernung vollautomatisch abläuft, herrscht im Missionskontrollzentrum im kalifornischen Pasadena größte Anspannung. Denn die Nasa hat keine Möglichkeit, einzugreifen: Ein Funksignal ist vom Mars zur Erde circa 14 Minuten unterwegs. Die ausgefeilte Landephase des Rovers dauert aber nur rund sieben Minuten. Wenn die Techniker auf der Erde also das Signal erhalten, dass der Rover in die Marsatmosphäre eintritt, ist das ganze heikle Spektakel schon vorbei. "Curiosity" ist dann entweder schon wohlbehalten gelandet oder zerstört.
Mit Hightech auf der Suche nach Leben

Das Bild zeigt den Marsgrater "Gale", der nach der Landung von "Curiosity" untersucht werden soll.
(Foto: REUTERS)
Rund 2,5 Milliarden Dollar hat die Nasa in die Entwicklung und Durchführung der Mission gesteckt. Entsprechend beherbergt das Marsfahrzeug sensible Instrumente auf dem neuesten Stand der Technik. Und damit verfolgen die Ingenieure ein ehrgeiziges Ziel: Sie wollen herausfinden, ob unser Nachbarplanet in der Lage ist oder war, Leben zu beherbergen. Zwei Jahre wird die Mission mindestens dauern. In dieser Zeit soll der Rover sein Landegebiet, den rund 154 Kilometer großen Einschlagkrater "Gale", ausgiebig erforschen.
Neben zwei hochauflösenden Kameras, die in rund 1,8 Meter Höhe die Umgebung des Rovers erkunden sollen, brachten die Forscher zahlreiche andere Instrumente an, die aus "Curiosity" ein kleines astrobiologisches Labor machen. Schaufeln, Bürsten, Bohrer und Siebe sind da nur die mechanischen Instrumente, die zur Probenaufnahme dienen. Instrumente wie zum Beispiel die "ChemCam", das "RAD" und das "DAN" sollen spektroskopische Fernanalysen, das Strahlungsniveau und die chemische Analyse des Marsbodens ermöglichen.
Doch all diese Instrumente benötigen Strom. Bislang griff man – das ist naheliegend - auf Solarzellen zurück. Doch bei "Curiosity" entschied man sich dagegen, denn Solarzellen sind abhängig vom Wetter und erschweren die Mobilität des Fahrzeuges. Die Nasa wählte deshalb eine Radionuklidbatterie, in deren Innerem rund 4,8 Kilogramm radioaktives Plutoniumoxid enthalten sind. Kritik an dieser Art der Stromversorgung gab es schon im Vorfeld aufgrund der Gefahr, die nicht zuletzt beim Start auf der Erde davon ausgeht. Glücklicherweise ist alles gut gegangen.
Der Mars – ein beliebtes Forschungsziel
Neben der Erde ist der Mars der am besten erforschte Planet. Schon lange gehen Forscher davon aus, dass dort vor langer Zeit einmal Leben existiert haben könnte. Heute ist die Marsoberfläche zwar geprägt von erloschenen Vulkanen, Einschlagskratern und Canyons. Doch Untersuchungen haben gezeigt, dass es dort in ferner Vergangenheit einmal wärmere und feuchtere Perioden gegeben haben muss.
Immer wieder wird spekuliert, ob der Mars eine "zweite Heimat" für uns Menschen bieten könnte. So ganz ohne Modifikationen ginge das aber nicht: Für uns Menschen sind die Bedingungen, die heute auf dem Mars herrschen, ziemlich unangenehm. Die Temperaturen liegen im Schnitt unter dem Gefrierpunkt, und der Luftdruck ist weit geringer als auf dem Gipfel des Mount Everest. Und nicht zuletzt würde uns die UV-Strahlung der Sonne dort den Garaus machen, denn unser Nachbar besitzt kein Ozon in der Atmosphäre, das uns davor schützen könnte. Ein Raumanzug wäre also im Falle einer Landung zu empfehlen.
Doch bis zur Landung der ersten Menschen auf dem Roten Planeten ist es noch ein langer Weg. Mit "Curiosity" schlägt die Marsforschung erst einmal ein neues Kapitel auf – aber ob der Mars-Rover tatsächlich Spuren von Leben findet, bleibt abzuwarten. Eines ist jedenfalls sicher: Aufgrund von Budgetkürzungen wird es frühstens im Jahr 2020 wieder eine unbemannte Marsmission geben. "Curiosity" wird bis dorthin lange in die wohlverdiente Rente gegangen sein.
Quelle: ntv.de