Rhesusäffchen ohne Erbkrankheiten DNA-Transfer geglückt
31.08.2009, 14:28 UhrMit einer neuen Technik wollen US-Mediziner Erbkrankheiten ausschalten, die nur von der Mutter vererbt werden. Dabei geht es um Fehler in den Zellkraftwerken, den sogenannten Mitochondrien. Sie besitzen ein eigenes Erbgut (mtDNA), das stets von der Mutter an die Nachkommen weitergegeben wird. Derzeit sind mehr als 150 unheilbare Krankheiten bekannt, die auf Mutationen in der mtDNA zurückgehen, wie die Forscher um Shoukhrat Mitalipov von der Oregon Health and Science University im britischen Fachjournal "Nature" schreiben.
Über das neue Verfahren haben die Forscher vier gesunde Rhesusäffchen gezüchtet. Mutationen in der mtDNA können den gesamten Organismus oder einzelne Organe betreffen wie etwa das seltene Leber'sche Augenleiden, das zum Verlust des zentralen Gesichtsfeldes führen kann. Das Risiko mtDNA verbundener Krankheiten bleibt das gesamte Leben lang bestehen.
Ist bei einer Frau eine potenziell krankmachende Mutation bekannt, wird sie diese auf jeden Fall an ihre Kinder weitergeben. Für diese Situation suchten die Mediziner – mit finanzieller Unterstützung der staatlichen US-Gesundheitsinstitute NIH – einen Ausweg. Die Injektion intakter Mitochondrien in betroffene Eizellen hatte sich zuvor nicht als erfolgreich erwiesen. Die Idee der Forscher: Lässt sich das normale Erbgut der Mutter aus dem Kern ihrer Eizelle in eine andere, gespendete Eizelle mit intakter mtDNA übertragen?
Zwei stabile Stammzelllinien

ANDi im Januar 2001. Bereits im Jahr 2000 haben Wissenschaftler erfolgreichn einen Rhesusaffen mit einem zusätzlichen Gen gezüchtet.
(Foto: picture-alliance / dpa)
Dies testeten die Mediziner bei Rhesusaffen. Sie entkernten die Eizellen von Rhesusaffenweibchen und verpflanzten in diese Zellen den Spindelapparat mit den Chromosomen anderer Eizellen. Das Verfahren nutzt Techniken des DNA-Kerntransfers, mit dem Klontiere wie das Schaf Dolly entstanden sind. Allerdings wurde in diesem Fall nicht das Erbgut einer ausgewachsenen Körperzelle übertragen, wie im Fall des Klonens, sondern das Erbgut einer anderen Eizelle, das im Gegensatz zur fertigen Körperzelle nur den halben Chromosomensatz besitzt. Diese neue Eizelle mit intakten Mitochondrien befruchteten die Forscher im Labor mit einer Standardtechnik der Fortpflanzungsmedizin. Die befruchteten Zellen entwickelten sich mit derselben Erfolgsrate wie gewöhnliche befruchtete Eizellen bis zum Blastozysten-Stadium.
Die Forscher gewannen zwei stabile Stammzelllinien, bei denen kein Unterschied zu gewöhnlichen embryonalen Stammzellen zu erkennen war. Schließlich pflanzten sie neun Affenweibchen jeweils ein oder zwei befruchtete Eizellen ein. Drei Rhesus-Damen wurden schwanger und brachten zwischen April und Juli insgesamt vier gesunde Äffchen zur Welt. Diese Affenkinder besitzen das Erbgut von drei Individuen: Im Zellkern dasjenige der biologischen Eltern und in den Zellkraftwerken die mtDNA der Eizellspenderin. Eine Erbgutanalyse zeigte, dass bei ihnen keine mtDNA der biologischen Mutter mehr nachzuweisen war. Der gesamte Prozess der Reagenzglasbefruchtung verlief bei den veränderten Eizellen mindestens ebenso erfolgreich wie bei gewöhnlichen Eizellen, betonen die Forscher.
Die Ergebnisse untermauerten, dass sich defekte mtDNA in Eizellen von Primaten, zu denen auch der Mensch zählt, auf diesem Wege austauschen lasse, schreiben die Wissenschaftler. "Abhängig von weiterer Forschung besitzen diese Ergebnisse das Potenzial, einem betroffenen Ehepaar ein Kind zu ermöglichen, das biologisch ihr eigenes ist, aber frei ist von Leiden, die mit Fehlern in den mütterlichen Mitochondrien verbunden sind", sagt der Direktor des US-Instituts für Kindergesundheit in den NIH. Bevor die Technik allerdings bei Menschen angewendet werden könne, müssten Sicherheit und Effizienz sorgfältig in vorklinischen Langzeitstudien bei nichtmenschlichen Primaten erforscht werden, unterstreichen die Wissenschaftler in "Nature".
Quelle: ntv.de, dpa