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Therapie im Becken Delfine sollen helfen

Entspannungsmusik liegt in der Luft des Nürnberger Delfinariums. Hand in Hand mit einem Delfintrainer nähert sich die vierjährige Inia in einem blauen Neoprenanzug dem Becken, in dem mehrere Delfine schwimmen. Neugierig beobachtet sie, wie die Tiere im Wasser Purzelbäume schlagen. Langsam tastet sie sich näher an das Becken heran. Wenig später spielt sie Ball mit Delfin "Anke". Schließlich verliert Inia ihre Scheu vollends, schiebt dem großen Tümmler zur Belohnung einen Fisch ins Maul und streichelt seinen Rücken.

"Bei der echten Delfintherapie ist neben dem Trainer auch noch ein ausgebildeter Therapeut dabei", sagt Projektleiter Erwin Breitenbach von der Universität Würzburg. Doch weil die Augen der Öffentlichkeit eine echte Therapiesitzung mit schwerstbehinderten Kindern stören würden, wurde die Szene am Freitag für die Medien nachgestellt. Vor zehn Jahren haben Breitenbach und sein Team die Idee der Delfintherapie an den Nürnberger Tiergarten herangetragen. Sieben Jahre lang erforschten die Wissenschaftler die Wirksamkeit der umstrittenen Therapie, indem sie rund 50 Kindern im Alter von fünf bis zehn Jahren den Kontakt mit den Tieren ermöglichten.

"Bei den Kindern ist eindeutig eine positive Verhaltensänderung nachweisbar", betonte Breitenbach am Freitag bei der Präsentation der Forschungsarbeit. Im Anschluss an den Kontakt zwischen Kindern und Delfinen habe sich die Kommunikation zwischen Eltern und Kind dauerhaft verbessert. Begleitende Maßnahmen, wie etwa die Verbindung der Therapie mit einem Urlaub für die ganze Familie oder einer sozialpädagogische Betreuung der Eltern, hätten hingegen keinen Einfluss auf den Therapieerfolg gehabt.

"Die Delfintherapie kann sich wirklich Therapie nennen. Viele andere Behandlungsansätze wären froh, wenn sie ähnliche Effekte nachweisen könnten", sagte der Wissenschaftler. Karsten Brensing von der Berliner Meeressäuger-Schutzorganisation "Whale and Dolphin Conservation Society" kritisierte unterdessen, die Studie sei nicht aussagekräftig genug. Bislang sei kein Beleg erbracht worden, wonach die Therapie mit Delfinen effizienter sei als eine mit gezähmten Nutz- und Haustieren.

Tatsächlich hatten die Würzburger Forscher auch eine solche Tiertherapie mit 13 Behinderten im Tiergarten in ihre Studie einbezogen. Doch weil die Gruppe zu klein war, gebe es "noch keine gesicherten Erkenntnisse", sagte Breitenbach. Diese Frage sei Gegenstand der weiteren Forschungsarbeit im Tiergarten.

Der Tiergarten will Behinderten die Delfintherapie weiterhin ermöglichen. Allerdings müssten die Familien die Behandlungskosten in Höhe von rund 2500 Euro für eine Therapie-Einheit von bis zu zehn Tagen aus der eigenen Tasche finanzieren, sagte Forschungsleiter Lorenzo von Fersen.

Im alten Delfinarium könnten allerdings nur maximal 16 Kinder jährlich behandelt werden. Erst mit dem Neubau der zehn Millionen Euro teuren "Lagune 2000", einer geräumigen Außenanlage, würden zusätzliche Kapazitäten geschaffen, damit jährlich bis zu 150 Kinder mit den Delfinen spielen könnten. Die Anlage werde aus Spenden- und Sponsorengeldern sowie über ein Darlehen der Stadt Nürnberg finanziert, "und nicht aus Steuergeldern, wie unsere Kritiker immer behaupten", unterstrich Fersen. Weil es weltweit nur wenige Möglichkeiten zur Delfintherapie gebe, lägen der Uni Würzburg bereits mehr als 2500 Anfragen allein aus dem deutschsprachigen Raum vor.

Die Tierschutzorganisation "Delfinbefreier" aus Fürth kritisierte, der Tiergarten wolle mit der Studie nur von der Kritik an der nicht artgerechten Tierhaltung im Delfinarium ablenken. Allein in diesem Jahr seien dort drei Delfinbabys und ein Muttertier gestorben. Dennoch halte der Tiergarten am Bau der Lagune fest.

Quelle: ntv.de

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