Schnauzenschutz hilft Delfine wenden Schwamm-Trick an
23.04.2014, 11:19 Uhr
(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)
Spätestens seit "Flipper" gelten Delfine als die Superhirne des Meeres. Jetzt konnten Forscher beobachten, wie sie mit Werkzeugen neue ökologische Nischen erobern - eine Entwicklung, die auch für die Evolution des Menschen von großer Bedeutung war.
Mit einem Meeresschwamm als Schnauzenschutz pflügen manche Delfine auf der Suche nach Beute den Meeresboden um. Eine Gewebeanalyse zeigt nun, dass sich ihre Ernährung damit erheblich wandelt. Eine sonst unzugängliche ökologische Nische werde besetzt, schreiben Forscher im Fachjournal "Proceedings B" der britischen Royal Society. Die Nutzung der Schwämme sei eine kulturelle Tradition ähnlich der bei Menschen.
Vor einigen Jahren hatten Forscher beobachtet, dass manche Delfine in der westaustralischen Meeresbucht Shark Bay Schwämme pflücken und sie so halten, dass sie beim Wühlen im Boden die empfindliche Schnauze vor stacheligen, scharfkantigen und giftigen Dingen schützen. Untersuchungen zeigten, dass das Verhalten erlernt wird: Delfinmütter geben es an ihren Nachwuchs weiter, vor allem an ihre Töchter.
Bodenbewohner vom Sonar schwer zu orten
Beim Wühlen am Grund scheuchen die Delfine kleinere Meerestiere auf und fressen sie. Bodenbewohnende Fische besitzen meist keine Schwimmblase und sind vom Sonar der Delfine daher schwer zu orten. Die Wissenschaftler um Sina Kreicker und Michael Krützen von der Universität Zürich untersuchten nun Dutzende Gewebeproben von Tümmlern (Tursiops sp.) der Shark Bay, von denen bekannt war, ob sie Schwämme als Werkzeug verwenden oder nicht.
Erfasst wurde auch, ob die Tiere - wie alle Schwammnutzer - in den fischärmeren Tiefwasserzonen der Bucht leben. Auf die langfristige Ernährung wurde über den Gehalt an bestimmten Fettsäuren in der Fettschicht der Tiere, dem sogenannten Blubber, geschlossen. Die Zusammensetzung ist bei Tümmlern der gleichen Tiefwasserschicht verschieden - abhängig davon, ob diese Schwämme nutzen oder nicht, so das Ergebnis der Analyse. Mit dem Werkzeuggebrauch hat sich demnach eine neues Beuteschema entwickelt.
Die Schwammnutzer hätten sich eine zuvor unzugängliche ökologische Nische erobert, schreiben die Forscher. Damit werde die Konkurrenz mit Artgenossen erheblich vermindert. Dies könne eine Ursache dafür sein, dass die Tümmlerdichte in der Shark Bay so hoch ist wie in kaum einem anderen Lebensraum der Säuger. Derzeit nutzten dort 60 Prozent der in tieferen Wasserzonen lebenden Delfinweibchen Schwämme als Schnauzenschoner. Bei den Männchen liege der Anteil zwischen 25 und 50 Prozent.
Für die Evolution des Menschen gelte die Eroberung neuer kultureller Nischen als eine wichtige Triebfeder, erläutern die Forscher weiter. Dies gelte etwa für die Verwendung der Milch von Weidevieh als Nahrung. Bei östlichen Shark-Bay-Delfinen zeige sich bereits, dass Schwammnutzer untereinander enger verwandt sind als Tümmler ohne Werkzeuggebrauch. Nur von wenigen anderen Tierarten sei bekannt, dass verwendete Werkzeuge eine einschneidende, zur Bildung verschiedener Populationen führende Veränderung der Ernährungsmöglichkeiten bedeuten.
Quelle: ntv.de, ail/dpa