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Möbel aus Bioabfällen Deutsche tüfteln in Malaysia

Mit seinen  riesigen Palmölplantagen verfügt Malaysia über tonnenweise Material, um Möbel und Alltagsgegenstände herzustellen. An der Technik wird noch gefeilt.

Mit seinen riesigen Palmölplantagen verfügt Malaysia über tonnenweise Material, um Möbel und Alltagsgegenstände herzustellen. An der Technik wird noch gefeilt.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Möbel aus Bioabfällen - Malaysia hat mit seinen riesigen Palmölplantagen tonnenweise Material, aus dem sich Küchen, Stühle, Tischplatten, Transportpaletten, Auto-Ablagen, Plastiktüten und sogar Essensbehälter machen lassen. Die Idee dazu stammt vom Fraunhofer-Institut für Holzforschung WKI in Braunschweig. In der Hauptstadt Kuala Lumpur steht eine Anlage als Prototyp. Im Ausstellungsraum sind die "Abfall"-Produkte zu bestaunen.

In der Anlage surrt und stampft es. Wasserdampfwolken ziehen durch die Halle. Es riecht erdig und nach Kleber. Zwei Mitarbeiter füllen Faserchips, zerkleinertes Abfallmaterial der Palmölplantagen, zur weiteren Zerkleinerung in die Dampfmaschine. Anderswo wird Kleber dazu gemischt, dann werden die Flocken wieder geschüttelt und aufgelockert. "Wie Schnee" sagt der Betriebsleiter und lacht. Schnee gibt es in Malaysia nicht. Aber er hat Flocken mit eigenen Augen auf einer Ausbildungsreise nach Braunschweig gesehen. Weitere Maschinen pressen das Material, erst kalt, dann heiß. Am Ende kommen die vielseitigen mitteldichten Faserplatten (MDF) dabei heraus.

Abfälle der Plantagen sind riesig

"Wir verwenden Dolden, Stämme, Blätter - alles, was in den Plantagen abfällt", sagt Astimar Abd Aziz. Die Wissenschaftlerin ist bei der malaysischen Palmölbehörde (MPOB) für das Projekt zuständig. "Wir brauchen noch zwei Jahre, bis das optimale Rezept gefunden ist." Malaysia hat schon immer Faserplatten gebaut. Das Land ist nach Deutschland und Frankreich weltweit drittgrößter Exporteur von MDF, 14 Firmen produzieren die Platten - bislang meist aus Gummibäumen. "Das Material wird knapp, wir müssen Holz importieren", sagt Astimar.

Hier passt die Fraunhofer-Entwicklung wie das perfekte Puzzle-Stück ins Konzept. Malaysia ist neben Indonesien der größte Palmöl-Produzent der Welt. Die Abfälle der Plantagen sind riesig. Sämtliche Palmöl-Mühlen erzeugen ihre eigene Energie mit den Abfällen, doch bleiben immer noch Berge übrig: die leeren Dolden nach dem Herauslösen der Früchte, die Palmblätter, und Stämme der Ölpalmen bei Neupflanzungen.

Eine Palmöl-Mühle verarbeitet pro Stunde 50 Tonnen Material, rechnet Astimar vor. "Da bleiben am Ende des Tages gut 200 Tonnen leere Dolden übrig", sagt sie. In Malaysia gibt es 407 Mühlen. Dazu kommt der Abfall vom Beschneiden der Bäume, jeden Monat fallen 14 Tonnen Äste und Blätter auf jedem der 4,4 Millionen bepflanzten Hektar an. Und dann die gefällten Bäume. "Unser Ziel ist, jedes Jahr 200.000 Hektar neu zu bepflanzen", sagt Astimar. Pro Hektar stehen 146 Bäume.

Noch keine großindustrielle Umsetzung

Problem ist die Logistik, sagt sie. "Biomasse-Anlagen würden unter den derzeitigen Gegebenheiten schnell ein Nachschubproblem bekommen." Die Dolden müssten zum Beispiel innerhalb von zwei, drei Tagen verarbeitet werden. Sonst fangen sie in dem schwülen Klima an zu schimmeln. Der Transport und die kontinuierliche Belieferung könnten noch nicht gewährleistet werden. Eine Biomasse-Anlage braucht etwa 800 Tonnen Material am Tag. Deshalb wird in der Fraunhofer-Anlage bei Kuala Lumpur immer noch vor allem getüftelt - nach sieben Jahren. Die von den Deutschen erhoffte großindustrielle Umsetzung fehlt noch.

Guido Hora vom Fraunhofer-Institut WKI hält die Nachschub- und Beförderungsprobleme für lösbar. Er ist oft in Malaysia und besucht die Anlage ab und zu. Vor ein paar Jahren haben seine Mitarbeiter für die Palmölbehörde außerdem Prozesse entwickelt, um aus Palmöl Lacke und Klebstoffe herzustellen. Der Unternehmer Goh Cher Wen stellt mit seiner Firma Rovski inzwischen aus Plamöl Ökoklebstoff her, der die Faserplattenproduktion nahezu vollkommen "grün" machen würde. "Normalerweise sind in der Platte 12 bis 16 Prozent Leim", sagt er. "Bei Palmöl-Leim reichen vier Prozent."

Der Vormarsch der Öko-Produkte, der Mangel an Gummibäumen, die steigenden Holzpreise - Hora ist überzeugt, dass die Stunde der Faserplatten aus Bioabfällen bald schlägt. "Wenn der Wirtschaftsaufschwung kommt, steigt der Materialhunger, dann geht es los", sagt er.

Quelle: ntv.de, Christiane Oelrich, dpa

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