Anti-Psychotika ändern Hirnstruktur Die graue Substanz schrumpft
06.06.2010, 18:36 UhrAls unerwünschte Nebenwirkung einer der Behandlung mit Anti-Psychotika kommt es häufig zu Störungen des Bewegungsablaufes der Patienten. Forscher haben herausgefunden, warum.

Nach Einnahme der Präparate nimmt das Volumen der grauen Substanz im sogenannten Striatum des Großhirns deutlich ab.
(Foto: picture-alliance/ ZB)
Die häufig beobachteten Bewegungsstörungen nach der Einnahme bestimmter Anti-Psychotika gehen vermutlich auf die vorübergehende Verkleinerung eines Gehirnbereiches zurück. Innerhalb weniger Stunden nach der Einnahme nehme das Volumen der grauen Substanz im sogenannten Striatum des Großhirns deutlich ab, berichtet ein Forscherteam aus Deutschland und den USA im Journal "Nature Neuroscience". Je stärker diese Region schrumpfe, umso ausgeprägter seien die Bewegungsstörungen.
Entsprechende Präparate werden häufig zur Behandlung schizophrener Störungen eingesetzt. Viele der Medikamente blockieren einen Dopamin-Rezeptor im Gehirn und wirken dadurch beruhigend und dämpfend. Langfristig werden die psychotischen Symptome wie Wahnvorstellungen und Halluzinationen unterdrückt. Als unerwünschte Nebenwirkung kommt es infolge der Behandlung jedoch häufig zu sogenannten extrapyramidalmotorischen Störungen (EPS). Dabei werden die Bewegungsabläufe der Patienten gestört, sie wirken teils unwillkürlich und sind insgesamt oft verlangsamt.
Prozesse in den Zellen unklar
Um zu klären, wie sich die Rezeptor-Blockade auf die Hirnstruktur auswirkt, verabreichten die Forscher um Heike Tost von der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg sieben Freiwilligen eine Dosis Haloperidol, also ein typisches Anti-Psychotikum. Schon ein bis zwei Stunden nach der Einnahme zeigten Magnetresonanz-Bilder eine Verkleinerung des Volumens im Striatum an, vor allem im sogenannten ventralen Putamen.
Zum gleichen Zeitpunkt nahmen die Störungen bei den Patienten zu. Ein Großteil der auftretenden Verschlechterungen lässt sich durch die Volumenreduzierung erklären, berichten die Forscher. Innerhalb von 24 Stunden gingen die Veränderungen dann zurück.
Welche zellulären Prozesse der Volumenverkleinerung zugrunde liegen, wissen die Forscher bisher nicht. Eine Abnahme der Zellzahl oder des Blutflusses schließen sie jedoch aus. Möglicherweise wirke sich die Rezeptor-Blockade auf die Bildung von Synapsen aus, den Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen.
Quelle: ntv.de, dpa