Wichtigster Medizinerpreis für einen Toten Die peinliche Panne der Nobel-Jury
03.10.2011, 17:31 Uhr
Als das Karolinska-Institut die Ehrungen bekannt gibt, geht die Jury noch davon aus, dass Steinman lebt.
(Foto: AP)
Das kann passieren: Das Nobelkomitee vergibt einen Preis an einen Wissenschaftler, der wenige Stunden vorher stirbt. Die Juroren wussten aber auch drei Tage später nichts vom Tod von Ralph Steinman - eine tragische Nachlässigkeit. Mit der Entscheidung, Steinman posthum auszuzeichnen, hat die Jury die Posse immerhin zu einem guten Ende gebracht.
Geradezu verzweifelt haben sich die schwedischen Nobel-Juroren um Fassung nach ihrem peinlichsten Fehler seit langem bemüht: Ralph M. Steinman sei ja nur "wenige Stunden" vor der Zuerkennung des Medizin-Nobelpreises gestorben, teilte Komitee-Sekretär Göran Hansson in Stockholm mit. Allerdings handelte es sich bei den "Stunden" tatsächlich um drei Tage, die vergingen, ohne dass die Juroren vom Ableben des Forschers erfuhren. Wie es dazu kommen konnte, dass Steinman neben seinen Kollegen Bruce A. Beutler und Jules A. Hoffmann als Preisträger verkündet wurde, konnte Hansson nicht erklären.

Die Medaille für die Preisträger.
(Foto: dpa)
Die schwedischen Nobelkomitees in verschiedenen Disziplinen schmücken sich gerne damit, dass ihre Arbeit bei der Auswahl der Preisträger von äußerster Sorgfalt geprägt und von einem beachtlichen Apparat ausgeführt wird - und zwar unter größter Geheimhaltung.
Zu den Aufgaben beim begehrtesten wissenschaftlichen Preis der Welt gehört dabei auch, möglichst direkten Kontakt mit den jeweiligen Preisträgern herzustellen, um sie eine halbe bis dreiviertel Stunde vor der jeweiligen Bekanntgabe persönlich zu informieren. Das sei dieses Jahr "trotz etlicher Mails und Telefonate" bei keinem der drei Preisträger gelungen, musste Hansson im Rundfunk zugeben.
Entscheidung rückt Fehler gerade
"Vor allem schrecklich ist das ja für die Hinterbliebenen dieses Preisträgers", meinte Anders Baranyi, in Schweden als eine Art wandelndes Nobelpreis-Lexikon bekannt. Für den Ex-Sekretär des Physik-Komitees war da noch klar, dass dem toten Amerikaner der Preis wieder aberkannt werden muss: "Die Statuten sagen eindeutig, dass man einen Toten nicht auszeichnen kann."
Doch die Nobel-Stiftung entschied anders: Sie wollte ihre erste Entscheidung nicht revidieren, obwohl sie gegen die Statuten verstößt
Quelle: ntv.de, Thomas Borchert,dpa