Nachtschicht für die Forscher Doch kein zweiter Buckelwal
16.08.2008, 15:12 UhrDie Aufregung um einen zweiten Buckelwal in der Ostsee hat sich schnell gelegt. "Es ist geklärt, es ist nur einer", sagte der Direktor des Meeresmuseums Stralsund, Harald Benke. Bei dem am Freitag in der Lübecker Bucht gesichteten Wal und dem seit Ende Juli immer wieder vor Rügen auftauchenden Wal handele es sich um ein und dasselbe Tier.
Der dänische Meeresbiologe Carl Kinze in Kopenhagen hatte sich am Freitagabend anhand ihm vorliegender Fotos sicher gezeigt, dass vor Niendorf (Schleswig-Holstein) ein zweiter Buckelwal aufgetaucht war. Benke sagte dazu: "Wir haben die ganze Nacht Bilder ausgewertet. Ich habe ihn überzeugt."
Als Unterscheidungsmerkmal der Buckelwale dient den Forschern vor allem die Rückenfinne. Die wies bei dem zuerst vor Rügen gesichteten Wal zwei Einkerbungen auf, auf den Fotos des Niendorfer Wales keine. Benke sagte, dies könne am Lichteinfall liegen. Auch könnten Muscheln oder Krebstiere, die sich an Walen festsetzen und auf den Fotos wie Kerben gewirkt hätten, abgefallen sein.
Wal ist abgemagert ...
Beide Experten seien sich jetzt einig, dass es ein sicheres Erkennungsmerkmal gebe: "Der Wal hat auf der rechten Seite unterhalb der Rückenfinne ein weißes Kreuz, das wie aufgemalt aussieht, und davor ein schwächeres Kreuz." Unter diesen Kratzern, die laut Kinze von Tintenfischen, anderen Fischen oder Krebstieren stammen können, seien zwei tiefe Narben und zwei Löcher. "Es kann nicht sein, dass es zwei Wale gibt, die die gleichen Narben haben", äußerte Benke.
Anhand der neuen Bilder habe er festgestellt, dass der noch jugendliche, etwa zwölf Meter lange Buckelwal regelrecht abgemagert ist. Er habe schon auf den ersten Fotos dünn ausgesehen, sagte Benke. "Es sieht so aus, als ob er noch mehr abgenommen hat." Der Rücken eines gut genährten Wales sei prall und gleiche einem U-Boot. Der Rücken des Ostsee-Buckelwales sei eingefallen.
... und schnell unterwegs
Das sei noch nicht dramatisch, Wale könnten monatelang hungern. Krank ist der Wal offenbar nicht, da er sehr mobil ist. "Der Bursche ist fleißig am Wandern", sagte Benke - und schnell. Bis zu 150 Kilometer könnten Wale am Tag zurücklegen. Ihre normale Reisegeschwindigkeit liege bei fünf bis sechs Stundenkilometern, was der Schnelligkeit eines Fußgängers entspricht. Auf der Flucht könnten sie 27 Kilometer pro Stunde erreichen.
Was den Buckelwal durch die Ostsee treibt, sei die Nahrungssuche, sagte der Biologe. "Er muss Futter finden." Im Öresund zwischen Dänemark und Schweden sowie vor Rügen sei er beim Schwimmen mit offenem Maul beobachtet worden. "Das machen Wale nur, wenn sie fressen." Aber wie viel Nahrung er aufgenommen habe, wisse man nicht.
Quelle: ntv.de, Birgit Sander, dpa