Wissen

Werner Walter, Ufo-Jäger "Es gibt keinen ungelösten Fall"

UFO-Meersburg.jpg

Nachweislich eine Fälschung: ein Ufo über Meersburg am Bodensee.

(Foto: Stefan-Xp unter cc-by-sa)

Seit 35 Jahren versucht Werner Walter, "unidentifizierte Flugobjekte" zu "identifizierten Flugobjekten" zu machen. Der 54-jährige Mannheimer ist ehrenamtlicher Ufo-Jäger und betreibt unter anderem die bundesweite Ufo-Hotline. Bislang, so sagt der Hobby-Astronom, sei ihm noch kein Fall untergekommen, den nicht hätte lösen können. Werner Walter erzählt im Gespräch mit n-tv.de, wie er zum Ufo-Jäger wurde, was sein spektakulärster Fall war und wie seine erste persönliche Ufo-Sichtung ablief.

n-tv.de: Herr Walter, sie sind ehrenamtlicher Ufo-Jäger und haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Ufo-Sichtungen besorgter und interessierter Menschen aufzuklären und auf natürliche Phänomene zurückzuführen. Wie sind Sie dazu gekommen?

Werner Walter: Schon immer war ich fasziniert von allem, was sich am Himmel abspielt. In meiner Jugend, den 70er Jahren, erlebte das Ufo-Phänomen einen ziemlichen Boom – immer verbunden war das damals mit den Science-Fiction-Vorstellungen von den "kleinen grünen Männchen", die die Erde besuchen. In der damaligen wissenschaftlichen Welt zur Zeit der ersten Mondlandung war es deshalb ein Tabuthema, wie ich selbst bei Besuchen der Sternwarte Mannheim in Diskussionsrunden erleben konnte. Bei renommierten Wissenschaftlern gingen die geistigen Schranken runter, wenn jemand das Thema angesprochen hat.

Das fanden Sie nicht richtig?

21241315.jpg

Von einem Piloten aufgenommen: das vermeintlich unbekannte Objekt über Grönland entpuppte sich als eine russische Sojus-Trägerrakete.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nein. Denn das ist doch eigentlich das astronomische Interesse vieler Menschen - die Leute wollen erfahren, was am Himmel passiert. Und ungewöhnliche Erscheinungen und unidentifizierte Flugobjekte gehören da doch dazu! Die Blockade der Wissenschaft führte dazu, dass populärwissenschaftliche Autoren wie Erich von Däniken und Johannes von Buttlar diese Lücke füllten und den Menschen Antworten auf unterstem Niveau gaben. Und da dachte ich: Moment mal – hier läuft irgendwas verkehrt.

Daraufhin gründeten Sie das "Centrale Erforschungsnetzaußergewöhnlicher Himmelsphänomene", kurz: CENAP.

Richtig - meine Mitstreiter und ich gründeten 1976 das CENAP. Wir wollten den Dingen nachgehen und feststellen: Was ist denn eigentlich los am Himmel? Denn die meisten, die 'unidentifizierte Flugobjekte' sichten, haben keine Möglichkeit, die Phänomene richtig einzuordnen. Da fehlt natürlich Fachwissen und Erfahrung. Und nicht zuletzt ist die Erinnerung an Ufo-Sichtungen oft fragmentiert und fehlerhaft, weil sie plötzlich und unerwartet kommen. Häufig liegen sie zudem lange zurück. Damals war das Ufo-Interesse auch geprägt von der politischen Situation, denn es war mitten im Kalten Krieg. Und natürlich ging es um die Eroberung des Weltraumes, die die Menschen damals fasziniert hat.

Wann glühten im vergangenen Jahr bei Ihnen die Leitungen?

Im letzten Jahr war der Hammerfall der die Nacht von Heiligabend. Da erhielt ich alleine an diesem Abend ein paar hundert Anrufe über merkwürdige Lichterscheinungen am Himmel. Die Ursache dafür war schnell gefunden: Eine russische Rakete flog samt Besatzung zur ISS. Die letzte Raketenstufe trat dann wieder in die Atmosphäre ein und verglühte spektakulär; das war hauptsächlich über Deutschland zu beobachten. Weihnachten war für mich erledigt.

Wie gehen Sie vor, wenn Sie einen Anruf über eine Ufo-Sichtung erhalten?

Dabei ist wichtig, die Grundparameter vom Beobachter zu erfahren. Die lauten: "Was? Wann? Wo? Wie?" Und, nicht zu vergessen: "Warum?" So kann ich die Sichtungen zuordnen und registrieren.

Warum fragen Sie nach dem "Warum"?

Das ist ein sehr wichtiges Element. Ob sie es glauben oder nicht, es gibt gewissermaßen "Ufo"-Süchtige, die sich ihr Privatabenteuer im Akte-X-Format bescheren wollen und regelmäßig auf Ufo-Jagd gehen. Durch das "Warum" finde ich heraus, ob es sich tatsächlich um einen unvoreingenommenen Beobachter handelt, der spontan und unerwartet etwas gesehen hat.

Sind Sie selbst schon mal Zeuge einer Ufo-Erscheinung geworden, die Sie sich nicht erklären konnten?

Mehrmals sogar. Selbstverständlich schaut man als astronomisch Interessierter des Öfteren in den Nachthimmel, besonders wenn das Wetter schön ist. Später habe ich aber immer eine Lösung für meine Ufos gefunden, auch wenn es bisweilen Jahre gedauert hat.

Sie machen mich neugierig.

071212_Consorzio_Agrario_03_bin05.jpg

Skytracker: bis heute sorgen sie für Ufo-Meldungen.

Ganz besonders gut erinnere ich mich an meine erste Ufo-Sichtung. Das war am 5. September 1973, ich spielte mit einem Freund Tischtennis. Es war gerade zum Sonnenuntergang, gegen 21 Uhr. Da schaute ich in den Himmel, über den Odenwald. Plötzlich sah ich dort etwas, das aussah wie ein rötliches fliegendes Trapez, es zog blitzschnell circa zehn Sekunden lang in gerade Linie horizontal dahin. Mein Freund sah es ebenfalls. Was war das? Das seltsame war, das Flugobjekt war nur zweidimensional – die Tiefe fehlte völlig. Jahre später, auf der Berliner Funkausstellung, bin ich zufällig in eine Lasershow geraten, eine Werbeveranstaltung für Diskotheken. Diese "Skytracker", wie sie heute allgegenwärtig sind, kamen damals gerade auf. Und siehe da: Ich hatte mein Ufo gefunden. Man muss die Dinge nur richtig zusammenbringen.

Gibt es auch Fälle, für die Sie keine Lösung finden können?

Nein, das gibt es heute nicht mehr. Nach 35 Jahren kenne ich inzwischen alle möglichen Auslöser für Ufo-Sichtungen, so dass nichts mehr ungeklärt bleibt. Man muss sich aber immer die Parameter klar machen. Interessant ist dabei: je mehr unabhängige Zeugen es zu ein und derselben Ufo-Sichtung gibt, desto schneller findet man eine Erklärung dafür. Es gibt ja nur einige wenige "Ufo-Erzeuger". Bei den Fällen, wo es nur den "einsamen Zeugen" gibt, nach dem Motto: "Ich habe da vor zehn Jahren was gesehen, als ich nachts unruhig aufgewacht bin" – da muss man zu dem Schluss kommen, dass das im Wortsinne fantastische Geschichten sind, so wie die Leute selbst meist auch fantastisch sind. Solche "Sichtungen" kann man nur dadurch erklären, dass Sie im Kopf entstanden sind.

Was war denn Ihr außergewöhnlichster Ufo-Fall?

Daran erinnere ich mich sehr gut. Es hat vier Jahre gedauert, bis ich ihn aufklären konnte. Die Sichtung wurde aus dem Greifswalder Bodden gemeldet, kurz nach der Wende im Jahr 1990. Viele Westler sind damals in den Urlaub an die Ostsee gefahren. An diesem Abend waren über der Ostsee in der Abenddämmerung merkwürdige Lichterscheinungen zu sehen, die von vielen Menschen fotografiert und gefilmt worden waren. In der Presse war das ein riesen Thema damals: Was kann das gewesen sein? Man sah sieben Lichtkugeln, die langsam vom Himmel gesunken sind. Minutenlang. Insgesamt waren es zwei Formationen, die niedergegangen sind. Die Filme davon liefen im Fernsehen auf und ab. Auch wir waren damals völlig verblüfft und hatten keine Erklärung. Das Phänomen wurde zu einem Klassiker und in der Ufo-Szene als die "Greifswald-Ufo-Lichter" bekannt, auch im Ausland.

Und, waren es Außerirdische, wie damals von vielen spekuliert?

5146609.jpg

Werner Walter an der UFO-Hotline.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Natürlich nicht. Die Aufklärung des Falles hat mich viele Nerven gekostet. Es war damals, in der ehemaligen DDR kurz nach der Wende, sehr schwer, an Informationen heranzukommen. Von den Behörden war also fast nichts zu erfahren. Erst vier Jahre später fiel bei mir der Groschen. Ich saß in einer Talkshow zum Thema Ufos, da ging es dann auch um die Greifswald-Ufo-Lichter; und da hab ich dann öffentlich ausgesprochen, was ich schon lange dachte: "Es muss doch irgendwelche Menschen geben, die wissen, was das war! Wer hat das noch gesehen und kann es erklären?" Und noch während der Sendung, die in den neuen Bundesländern live ausgestrahlt wurde, klingelte das Telefon in der Redaktion Sturm. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen, so einfach war die Lösung.

Und die war…?

Mir fiel auf, dass es nur Westler im Urlaub waren, die damals eine Ufo-Sichtung meldeten. Die Menschen, die dort wohnten, kannten das Phänomen nämlich. Das ist mir erst in dem Moment aufgegangen. Es stellte sich heraus, dass es sich bei den Erscheinungen um das letzte Manöver des Warschauer Paktes auf der Ostsee handelte; es war eine neue Raketen-Abwehr, die sie dort testeten. Man versuchte, Infarot-Suchkopfgelenke von Boden-Luftraketen abzulenken, indem man ihnen eine größere Hitzequelle anbietet als das eigene Flugzeug. Das sind sogenannte Flares, Magnesium, das in der Luft abgebrannt wird und eine enorme Hitze entwickelt. Damals vor Greifswald wurden Raketen hochgeschickt, die diese Flares entlassen haben, die dann an Fallschirmen langsam herabschwebten – damit sie möglichst lange in der Luft sind.

Das war das ganze Geheimnis.

Richtig, das war das ganze Geheimnis. Heute ist es keines mehr, im Grunde genommen verfügt jede Passagiermaschine heutzutage in einer vereinfachten Form über solche Flares zum Schutz vor Terrorangriffen.

Sie versuchen ja, Ufo-Sichtungen auf natürliche Phänomene zurückzuführen. Glauben Sie denn an Außerirdische?

An Außerirdische kann man glauben, klar. Ich bin auch ein alter Science-Fiction Fan. Das ist ja auch kein Problem - man kann schließlich auch an Gott glauben oder nicht. Nur: Wissen ist etwas anderes. Anfangs war mein Glaube an Außerirdische meine Grundmotivation, mich mit dem Thema zu beschäftigen. Aber das ist nach 35 Jahren verpufft. Heute will ich aufzeigen, welche gewöhnlichen Erklärungen es für Ufo-Erscheinungen gibt.

Mit Werner Walter sprach Fabian Maysenhölder

Quelle: ntv.de

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen