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Getrennte Populationen Evolution bleibt sich treu

Schon nach einer Generation zeigten beide Populationen eine ähnliche Anpassung an die neue Umwelt.

Schon nach einer Generation zeigten beide Populationen eine ähnliche Anpassung an die neue Umwelt.

(Foto: Ken-ichi Ueda/Wikimedia Commons)

Entstünden wieder dieselben Lebewesen, wenn sich die Zeit zum Ursprung von Arten zurückdrehen ließe? In einem Feldexperiment mit Heuschrecken gehen Forscher dieser Frage nach und kommen zu aufschlussreichen Ergebnissen.

Biologen haben in einem Versuch mit Stabheuschrecken Anzeichen dafür gefunden, dass Evolution, ähnliche Umweltbedingungen vorausgesetzt, in gleichen Mustern verläuft. Zwei untersuchte Insektengruppen haben unabhängig voneinander zumindest einige identische Eigenschaften entwickelt, wie Forscher im Fachmagazin "Science" berichten. Davon betroffen seien vor allem Regionen des Erbguts, die der Anpassung an den neuen Lebensraum dienen.

Die Wissenschaftler um Victor Soria-Carrasco von der Universität Sheffield hatten Stabheuschrecken der Art Timema cristinae für ihre Analyse verwendet. Bei diesen gibt es zwei Varianten: Ein Teil der in Kalifornien heimischen Tiere lebt auf der Strauchart Adenostoma fasciculatum, der andere auf Sträuchern der Art Ceanothus spinosus. Die Pflanzen kommen in einem großen Gebiet nebeneinander vor.

Experimentelle Manipulation

Die beiden Gruppen von Stabheuschrecken befänden sich in einem sehr frühen Stadium der Auftrennung in zwei verschiedene Arten, heißt es in "Science". Auf Adenostoma haben die Tiere zum Beispiel zur Tarnung einen Streifen auf dem Rücken, auf Caenothus nicht. "Timema ist für die experimentelle Manipulation hervorragend geeignet, weil die Tiere flügellos sind", erklärt Mitautor Jens Bast von der Universität Göttingen. "Einmal auf eine neue Pflanze gesetzt, bewegen sich die wenigsten danach noch irgendwo anders hin."

Zunächst entzifferten die Forscher das Erbgut von 160 Tieren aus verschiedenen Populationen und verglichen die Abfolge der gut eine Milliarde DNA-Bausteine. Dann begannen die Forscher ihr Evolutionsexperiment: Sie setzten 2000 Stabheuschrecken auf der jeweils "falschen" Futterpflanze aus. Schon in der nächsten Generation im Jahr darauf hätten sich die Tiere an ihre neue Heimat genetisch angepasst - und zwar jeweils bei bestimmten Merkmalen auf identische Weise.

Anpassung in gleichen Mustern

So hatten sich bei den rund 400 untersuchten Tieren etwa Gene verändert, die bei der Bindung von Kalzium oder Metallen wie Eisen bedeutsam sind. "Sie sind funktionell vermutlich für Mandibelform, Pigmentierung und Ressourcennutzung verantwortlich, stehen also direkt in Verbindung mit der Wirtspflanze", sagt Bast. Daraus schlussfolgern die Forscher, dass bestimmte Anpassungen an veränderte Umweltbedingungen immer gleichen Mustern folgen könnten.

"Nach einer Generation ist es allerdings noch schwer zu sagen, wie es weitergeht", schränkt Bast ein. "Die Tiere sind noch nicht wirklich vollständig angepasst. Aber es ist erstaunlich, dass es schon nach einer Generation solche Anpassungen gerade in den wichtigsten Bereichen gibt."

Quelle: ntv.de, ail/dpa

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