Superscharf bis ins kleinste Detail Forscher bauen Gigapixel-Kamera
24.06.2012, 09:33 Uhr
Zunächst vor allem für das Militär interessant: die Gigapixelkamera.
Bisweilen lösen herkömmliche Digitalkameras in der Größenordnung von Megapixeln auf. US-Amerikaner entwickeln nun eine Technik, die Bilder im Gigapixelbereich ermöglicht. Dabei lösen 98 miteinander kombinierte und synchron geschaltete Mikro-Kameras gleichzeitig aus. Besonders das US-Militär interessiert sich für die Kamera.

98 Mikro-Kameras mit einer Auflösung von 14 Megapixeln bilden die Gigapixel-Kamera.
(Foto: DISP/Duke University)
Möchten Sie gerne wissen, aus wie vielen Vögeln sich ein großer Schwarm zusammensetzt? Oder genau abzählen, wie viele Menschen zu einer Demonstration gekommen sind? Dann ist die neue Kamera von David Brady womöglich etwas für Sie. Der an der Duke-University in Durham entstandene Apparat kann dreimal in der Minute ein Gigapixel-Foto aufzeichnen. Dafür haben die Forscher 98 Mikro-Kameras zusammengeschaltet, deren Bilder miteinander zur fertigen Aufnahme zusammengerechnet werden. Das im Journal "Nature" beschriebene Projekt wird maßgeblich vom US-Militär gefördert - es ist also davon auszugehen, dass Vogelforscher nicht die primäre Zielgruppe sind.
Von der heimischen Digitalkamera sind Auflösungen im Bereich von Millionen Pixeln bekannt (Megapixel). Weit verbreitet sind Bildchips, die etwa 12 Megapixel erfassen. Die 98 eigens gefertigten Kameras der Brady-Gruppe zeichnen jeweils 14 Megapixel auf. Sie werden in einer halbkugelförmigen Halterung um das zentrale Objektiv gruppiert. Die Kameras sind so ausgerichtet, dass sie einzelne Bereiche des Bildes erfassen, welches das Objektiv liefert. Diese Abschnitte überlappen sich etwas. Alle 98 Kameras lösen gleichzeitig aus. Die Kombination liefert dann auf einen Schlag Bilder im Gigapixel-Bereich (Milliarden Pixel). Das so erfasste Bildfeld hat einen vertikalen Winkel von etwa 120 Grad – das entspricht etwa dem maximalen Blickwinkel des Menschen. Horizontal sind es gut 50 Grad, schreiben die Forscher.

Kleinste Details werden so sichtbar, zum Beispiel die Anzahl der Menschen auf einer Demonstration.
(Foto: DISP/Duke University)
Präsentiert werden Aufnahmen mit 0.96 Gigapixeln, also 960 Megapixeln. In einem der Beispiele ist ein See fotografiert, auf dem zahlreiche Wasservögel schwimmen, andere fliegen darüber hinweg. Wer einzelne Bereiche vergrößert, kann sie alle zählen. Dass die geldgebende Agentur des US-Verteidigungsministeriums das etwa 75 mal 75 mal 50 Zentimeter große Gerät hierfür schaffen ließ, ist nicht anzunehmen. Brady und Kollegen weisen darauf hin, dass ihr Projekt modular angelegt ist – je nach gewünschter Anwendung lassen sich unterschiedlich viele Mikrokameras zusammenschalten. Die zentrale Linse, durch die das Licht in den Apparat fällt, trägt den Namen Gigagon. Sie erinnert unweigerlich an das Kamera-Auge des HAL 9000, einem gefährlich eigensinnigen Computer in dem Science-Fiction-Film "2001: Odyssee im Weltraum".
US-Militär hat Interesse
Ein Gigapixel-Bild lässt sich im Prinzip auch durch die Überlagerung zahlreicher Bilder aus einer herkömmlichen Digitalkamera schaffen. Dafür gibt es bereits zahlreiche Programme und Beispiele. Der Nachteil: Es dauert eine Weile, bis die verschiedenen Bereiche einer Szene abgelichtet sind, für bewegte Objekte eignet sich dies also nicht besonders gut. Natürlich lassen sich auch mehrere Amateur- oder Profi-Kameras gleichzeitig auf unterschiedliche Bereiche eines Objektes richten und auslösen – aber auch das erfordert Zeit und Mühe. Dies alles erfüllt die Anforderungen des US-Militärs nicht, das sich daher eine schnelle Gigapixel-Kamera bauen lässt.
Eine solche gibt es seit einigen Jahren auch mit herkömmlichem Film. Das Gigapxl Project um den US-Ingenieur und ehemaligen Rüstungsforscher Graham Flint trieb die rund 150 Jahre alte, analoge Technik dabei auf die Spitze. Ergebnis ist einer der besten und garantiert einer der spektakulärsten Fotoapparate, der je gebaut wurde. Die Negative sind 22 mal 44 Zentimeter groß, das ist etwa das 115-fache der Fläche eines Kleinbildnegativs. Die Magazine für den riesigen Rollfilm stammen noch aus dem Kalten Krieg und wurden einst in hoch fliegenden US-Spionageflugzeugen eingesetzt.
Das Objektiv wurde eigens berechnet, die Messwerte des Asymmagon betitelten Objektives sind überragend. Es entwirft ein Bild von einem halben Meter Durchmesser. Nach dem Entwickeln kommen die Negative in einen Scanner, der dann ein mehrere Gigapixel großes Bild schafft. Fotografiert werden mit dem 50-Kilogramm-Gerät Naturschönheiten und Bauwerke des Unesco-Weltkulturerbes.
Quelle: ntv.de, dpa