Galaxie erscheint als Einsteinring Forscher entdecken fernste Gravitationslinse
17.10.2013, 16:14 Uhr
An der Grenze zur Sichtbarkeit: Die vordere Galaxie (Linsenmasse) erscheint orange gefärbt, die hintere Galaxie (Einsteinring) bläulich.
(Foto: MPIA / Arjen van der Wel)
Milliarden Jahre war das Licht unterwegs: Forscher entdecken die bisher am weitesten entfernte Gravitationslinse - und bestätigen damit nicht nur Einstein. Die Entdeckung könnte die Idee der Entwicklung von Galaxien im frühen Universum tüchtig durcheinanderbringen.
Astronomen haben in den Tiefen des Weltalls die bislang fernste Gravitationslinse erspäht. Das Objekt ist 9,4 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt und damit etwa 1,4 Milliarden Lichtjahre weiter als der bisherige Rekordhalter, wie das Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg mitteilte. Die Wissenschaftler stellen ihre Entdeckung im Fachblatt "Astrophysical Journal Letters" vor.
Gravitationslinsen sind eine Erscheinung, die von Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie beschrieben wird: Sehr massereiche Objekte wie etwa Galaxien lenken auch das Licht messbar ab. So können sie exakt hinter ihnen liegende Objekte ähnlich wie eine Lupe vergrößern. Dieses von der Theorie vorhergesagte Phänomen haben Astronomen 1979 erstmals nachgewiesen. Seitdem sind zahlreiche Gravitationslinsen gefunden worden.
Forscher um Arjen van der Wel vom Max-Planck-Institut für Astronomie waren zufällig auf die Rekord-Gravitationslinse gestoßen, als sie die Beobachtungsdaten eines früheren Projekts durchsahen. Dabei fanden sie ein Lichtfleckchen, das bei näherem Hinsehen von zwei Galaxien stammt: Die eine fungiert dabei als Gravitationslinse und verstärkt das Licht einer exakt hinter ihr liegenden zweiten Galaxie. Nachdem die Wissenschaftler das Licht der Vordergrundgalaxie am Computer weitgehend ausgeblendet hatten, zeigte sich eine ringförmige Abbildung der dahinter liegenden Galaxie - ein sogenannter Einsteinring.
Forscher wiegen Linse
Das Phänomen erlaubt den Astronomen, die Gravitationslinse zu wiegen. Denn anhand der Stärke der Ablenkung lässt sich die Masse der ablenkenden Galaxie bestimmen. Auf diese Weise konnten die Forscher ihre Methode zur Massebestimmung entfernter Galaxien überprüfen, bei der gewöhnlich aus den Eigenschaften näher liegender Galaxien auf fernere geschlossen wird. Die Methode bestand den Test, wie die Max-Planck-Gesellschaft mitteilte.
Die im Hintergrund liegende, von der Gravitationslinse vergrößerte Galaxie erwies sich als sogenannte Starburst-Zwerggalaxie, das sind kleine, junge Milchstraßensysteme, die in rasantem Tempo neue Sterne produzieren. Diese Art Galaxien gelten bislang als relativ selten. Entsprechend gering ist die Wahrscheinlichkeit, eine solche Galaxie in der nötigen exakten Ausrichtung mit einer Gravitationslinse zu finden. Doch dies ist schon das zweite Beispiel einer Starburts-Zwerggalaxie in einer Gravitationslinse, wie die Forscher betonen. Möglicherweise sind diese Sternsysteme im jungen Kosmos also viel häufiger als gedacht, schließt van der Wel. "Das Ergebnis könnte unsere Vorstellungen von der Galaxienentwicklung im frühen Universum tüchtig aufrütteln."
Quelle: ntv.de, dpa