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Erdbebensicheres Bauen im alten Rom Forscher entschlüsseln antiken Super-Mörtel

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Die Trajansmärkte sind eines der am besten erhaltenen Foren Roms.

(Foto: imago stock&people)

Seit Jahrtausenden überdauern römische Bauwerke die Zeiten - auch Erdbeben bringen viele Mauern nicht zum Einsturz. Wie schafften die Römer das nur? Forscher lüften nun ihr Geheimnis: Es ist der Mörtel. Der hat eine ganz besondere Zutat.

Mit einem Spezialmörtel haben die Baumeister im antiken Rom ihre Gebäude erdbebensicher gemacht. Wie ein internationales Forscherteam nach der Analyse der Trajansmärkte in Rom berichtet, verhalf vor allem ein hoher Anteil an Vulkanasche den Bauwerken zu extremer Stabilität. So konnten sie im Laufe von fast zwei Jahrtausenden vielen Erdstößen trotzen.

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Mithilfe des Spezialmörtels konnte das Bauwerk die Jahrhunderte überdauern.

(Foto: imago stock&people)

Der Baustoff könne sogar modernen Zement ersetzen, berichten die Wissenschaftler um Marie Jackson von der University of California in Berkeley im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences" ("PNAS"). Jackson und ihre Kollegen untersuchten den Mörtel der im frühen 2. Jahrhundert errichteten Trajansmärkte mit energiereicher Röntgenstrahlung.

Darüber hinaus stellten sie den Baustoff, der überwiegend aus Kalk und Vulkanasche besteht, selbst her. Dabei analysierten sie nach 28, 90 und 180 Tagen, was beim Abbinden oder Aushärten des Gemischs geschieht: Die Vulkanasche reagiert mit dem Kalkbrei zu einem Hydrat aus Kalzium, Aluminium und Silikat, das als Bindemittel wie Zement wirkt.

Einsatz zum Erdbebenschutz

Zudem bildet sich im Aushärtungsprozess das Mineral Strätlingit, das aus Kalzium und Aluminiumsilikat besteht. Dieses verstärkt die Kontaktzonen mit zwei weiteren beigemengten Stoffen - Ziegelstein sowie dem vulkanischen Tuffstein. Das Ergebnis ist unempfindlich gegen Wasser und kann damit Erosionsprozessen besser widerstehen.

Die Analysen ergaben, dass der Mörtel nach 28 Tagen größere Risszonen enthält als nach 90 und 180 Tagen. Anfangs sei die Bindung zwischen den Komponenten noch nicht so stark, schreiben die Forscher. Doch der weitere Aushärtungsprozess schließe einige Lücken, sodass schließlich nur noch Rissfragmente übrig seien. Neben der zementartigen Bindung sei es das zugefügte Gestein, das die Ausbreitung von Rissen verhindere, so die Wissenschaftler.

Die Forscher vermuten, dass die Hersteller das Rezept für den Spezialmörtel schon im 1. Jahrhundert bewusst zum Schutz gegen Erdstöße entwickelten. "Die Erbauer der Trajansmärkte waren sich der früheren Untergrundbewegungen, die Gebäude in der Stadt zum Einstürzen brachten, sicher bewusst", schreiben sie.

Anwendung in der Moderne

Der antike Mörtel weist demnach zwei wichtige Unterschiede zu modernem Beton auf: Der hohe Anteil an Vulkanasche hält die Temperatur beim Abbindeprozess niedrig. Diese geringeren Temperaturunterschiede im Mörtel verursachen – im Vergleich zu heutigem Beton – weniger Mikrorisse. Außerdem stellt sich die Festigkeit sehr langsam ein, was die langfristige Stabilität fördert.

Dieses Prinzip entspricht demnach den Zementkomponenten von umweltfreundlichem Beton. Diese Erkenntnisse möchten die Forscher zur Entwicklung moderner Baustoffe nutzen. Die Komponenten könnten etwa den derzeit standardmäßig verwendeten Portland-Zement ersetzen: Bei dessen Herstellung entstehen große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2). Außerdem seien die umweltfreundlichen Zementkomponenten chemisch haltbarer, betonen die Autoren.

Quelle: ntv.de, lsc/dpa

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