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HIV-Attacke Forscher suchen Türstopper

Die verheerende Bilanz von bislang mehr als 25 Millionen Aidstoten lässt keinen Zweifel daran, dass der Erreger HIV menschliche Immunzellen mit tödlichem Erfolg entern kann. Was dabei genau passiert, möchten Mediziner bis ins kleinste Detail verstehen, um an passender Stelle einen Keil in die Maschinerie treiben und die Infektion blockieren zu können.

Eine Gruppe von US-Forschern liefert nun neue, sehr detaillierte Bilder von der HIV-Attacke auf die Zelle. Sriram Subramaniam vom Nationalen Krebsinstitut in Bethesda (US-Staat Maryland) und seine Kollegen zeigen ihre Resultate im Journal "Nature".

Formenwandel bei der Attacke

Das Zielobjekt ihrer Arbeit befindet sich auf der Außenseite des Virus. Dort sitzt das Protein env, mit dem sich der Erreger der Immunschwäche Aids an das Protein CD4 auf die Immunzellen des Menschen anheftet. Dies ist der erste Schritt, danach hängen Virus und Zelle zusammen. Beim Andocken ändert sich die Form von env und bringt das Virus näher an die Zelle. Der möglichst dichte Kontakt ist die Voraussetzung für die folgende Infektion.

Die Forscher zeigen nun, wie im Moment der Bindung an CD4 drei Strukturen auf dem env-Protein auseinanderklappen und das Virus in eine bessere Position für seine Attacke bringen. Derartige Analysen sind für die Entwicklung neuer HIV-Medikamente enorm wichtig. Wer den Klappmechanismus des env-Proteins im Detail kennt, könnte potenzielle Angriffspunkte für ein Medikament finden. Dies könnte ein Molekül sein, dass sich wie ein Türstopper in den Klappmechanismus schiebt und env die Bewegungsfreiheit raubt. Damit wäre das Virus, so lautet die Hoffnung, blockiert oder zumindest eingeschränkt.

Bild der Elektronenverteilung

Die Bilder stammen aus einer Art Elektronenmikroskop. Subramaniam mischte Viren mit einzelnen CD4-Proteinen, ließ beide miteinander reagieren und fror diese Komplexe ein. Danach durchstrahlte er die winzigen Kristalle mit einem Elektronenstrahl, um diesen mit einem Detektor wieder aufzufangen. Diese Aufnahme enthüllt die Verteilung von Elektronen in der Probe, die aus verschiedenen Winkeln immer wieder durchleuchtet wird.

Am Computer entsteht aus der Kombination der Einzelbilder ein dreidimensionales Bild der Elektronenverteilung. Daraus ergibt sich schließlich die Form der beteiligten Proteine. Das Verfahren trägt den Namen Kryo-Elektronentomographie. Dazu gehörte es in diesem Fall auch, die CD4- und env-Proteine alleine und in Kombination mit weiteren Proteinen aufzunehmen. Die Kombination aller Informationen ergab schließlich das neue Bild der Attacke. Blockierende Substanzen sind händeringend gesucht. Derzeit gibt es zwar viele Hoffnungen auf, aber keinen guten Kandidaten für einen vorbeugenden Impfstoff gegen HIV.

Quelle: ntv.de

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