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Abschied vom "Ferrari des Weltalls" Forschungssatellit stürzt auf die Erde

GOCE hatte eine Lebensdauer von gut vier Jahren - weitaus länger als ursprünglich erwartet.

GOCE hatte eine Lebensdauer von gut vier Jahren - weitaus länger als ursprünglich erwartet.

(Foto: picture alliance / dpa)

GOCE hat das Bild der Welt revolutioniert: In zuvor unerreichter Genauigkeit lieferte der Satellit ein Höhenprofil der Erde. Jetzt wird GOCE unkontrolliert abstürzen. 40 bis 50 kiloschwere Bruchstücke erreichen dann die Erde – wahrscheinlich schon in Kürze.

Mitte Oktober hat er seine Mission beendet. Dann stürzt er ab. Der Forschungssatellit GOCE, 2009 ins All geschossen, habe kaum noch Treibstoff, sagt ein Vertreter der europäischen Raumfahrtagentur ESA. GOCE ist rund fünf Meter lang und etwa eine Tonne schwer. Wegen seiner eleganten Form wird er "Ferrari des Weltalls" genannt.

Als solcher erforschte GOCE das Gravitationsfeld der Erde. Er hat ein weltweites zentimetergenaues Höhenprofil der Erde geliefert. Damit können unterschiedliche Höhenangaben von Bergen vereinheitlicht und Probleme bei Bauvorhaben besser gelöst werden. Die Daten dokumentieren auch den Anstieg des Meeresspiegels und Strömungsveränderungen, die für Klimamodelle maßgeblich sind. Ein weiteres Ergebnis: Die Erde ist nur annähernd eine Kugel. In zehntausendfacher Übersteigerung sieht sie aus wie eine Kartoffel: Die unterschiedliche Stärke des Schwerefeldes bewirkt auf den Ozeanen Wölbungen und Eindellungen. Der Meeresspiegel bietet damit keineswegs einen einheitlichen Höhen-Nullpunkt.

GOCE umkreist den blauen Planeten in einer vergleichsweise niedrigen Höhe von nur 255 Kilometern, wo es noch zahlreiche Moleküle der Erdatmosphäre gibt. Um den Luftwiderstand zu reduzieren, hat der Satellit daher eine pfeilförmige, achteckige Form. Zwei Finnen verleihen ihm zudem Stabilität. Der Satellit unterscheidet sich damit von den meist kastenförmigen Satelliten, die im Vakuum des Weltalls unterwegs sind.

Sonne beeinflusst Absturz

Zu Beginn seiner Mission vor rund vier Jahren hatte der mit einem Ionenantrieb ausgerüstete Satellit 41 Kilogramm Treibstoff an Bord. Inzwischen dürften es nur noch rund zwei Kilo sein. Der Satellit wird beim Herabstürzen auf die Erde in rund 75 bis 80 Kilometern Höhe in mehrere Teile zerbrechen, ein Großteil wird verglühen. 40 bis 50 Fragmente mit einem Gewicht von zusammen 250 Kilogramm werden dann auf der Erde einschlagen - wo genau ist noch unklar, weil der Absturz unkontrolliert erfolgt.

Auch der genaue Zeitpunkt ist nicht vorherzusagen. Berechnungen gehen vom 16. oder 17. Oktober aus. "Das hängt sehr stark von der Sonnenaktivität und der Dichte der Atmosphäre ab", sagt Roland Pail von der Technischen Universität München, wo die wissenschaftliche Auswertung der "GOCE"-Daten koordiniert wird. "Wenn die Sonne aktiver ist, verdichtet sich die Atmosphäre, der Satellit wird stärker gebremst - und würde somit früher verglühen."

Ein Unglück ist unwahrscheinlich

Der Absturz dürfe "nicht überdramatisiert" werden, sagt ESA-Missionsleiter Rune Floberghagen. Schließlich sei der Satellit ein "sehr kleines Raumfahrzeug". Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er über einer Wasserfläche abstürzt. Experten halten ein Unglück für extrem unwahrscheinlich. Die nationalen Behörden würden über den bevorstehenden Absturz informiert.

Dutzende Satelliten endeten bereits ähnlich. Unfälle wurden bisher nicht bekannt. Dabei gibt es auch militärische Satelliten nicht-europäischer Länder, die mit Nukleartechnologien betrieben werden. Ob und wann sie zur Erde stürzten, wird nicht öffentlich.

Die 350 Millionen Euro teure Satellitenmission war zunächst nur auf 20 Monate ausgelegt. Da es aber eine sehr geringe Sonnenaktivität gab und damit die Moleküldichte auf der Umlaufbahn des Satelliten niedriger war als erwartet, hielt der Treibstoff mehr als doppelt so lange. Pails Kommentar: "Niemand hat damit gerechnet, dass er so lange fliegt."

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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