Mammografie-Screenings helfen Früherkennung von Brustkrebs
22.09.2009, 10:35 Uhr
Ein Mammografie-Screening.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Es ist oft ein mulmiges Gefühl, wenn dieser Brief im Kasten liegt: eine Einladung zum Mammografie-Screening. Jede Frau in Deutschland zwischen 50 und 69 Jahren hat sie spätestens in diesem Jahr bekommen, um möglichen Brustkrebs früh zu erkennen. Jedes Mal erinnert dieser Brief an etwas, das gesunde Menschen lieber verdrängen. Brustkrebs ist die gefährlichste Krebsart für Frauen in Deutschland, 17.500 sterben jedes Jahr daran. Zum ersten Mal seit dem Start des Screenings im Jahr 2005 gibt es nun eine Auswertung, was die Röntgenuntersuchung bringt. Die Zahlen klingen nüchtern: Bei 7 bis 8 von 1000 Frauen wird nun ein Tumor entdeckt. Vor dem Screening waren es 2 bis 3 von 1000.
Die wichtigste Frage der vielen Kritiker des Screenings bleibt damit offen. Sterben wirklich deutlich weniger Frauen an Brustkrebs, wenn bis zu 10 Millionen von ihnen regelmäßig die Brust geröntgt bekommen? Darauf kann es für Deutschland noch keine Antwort gaben. Denn frühestens im Jahr 2015 lässt sich ersehen, wie viele Frauen ihre Krankheit über einen langen Zeitraum überleben.
Nachbarn wie die Niederlande, die schon seit vielen Jahren screenen, haben ihre Rechnung schon aufgemacht: Von 200 Frauen, die sich 20 Jahre testen lassen, wird eine zusätzlich gerettet - sagen Studien. Im Moment gehen Schätzungen für Deutschland davon aus, dass es mit erfolgreichem Sreening in Zukunft jedes Jahr bis zu 2000 Brustkrebstote weniger geben könnte - also dann nur noch rund 15.500. Bis die deutschen Prüfer das valide hochrechnen können, kostet das Screening jedes Jahr 300 bis 400 Millionen Euro.
Kritische Stimmen
Das sei zu teuer, zu unsicher und in der Wirkung gnadenlos überschätzt, sagen Kritiker. Und gibt es nicht auch zu viele falsch-positiven Befunde, die Frauen unnötig in Angst und Schrecken versetzen, vermeidbare Operationen und Strahlenschäden? Es ist wohl alles eine Sache der Sichtweise. "Fragen Sie einmal eine Frau nach dem Nutzen, die durch das Screening überlebt hat", sagt Barbara Marnach, Sprecherin der Kooperationsgemeinschaft Mammografie.
Die Screening-Auswertung, in die bisher fast drei Millionen Untersuchungsdaten eingingen, belegt jetzt schon etwas. Doppelt so viele Brusttumore wie früher (30 Prozent) werden laut Bericht nun entdeckt, wenn sie noch so klein sind wie ein Stecknadelkopf. Viele haben noch nicht gestreut. Das könne Frauen große Operationen und manchmal auch Chemotherapien ersparen, berichtet Medizinerin Marnach. Tumore, die Frauenärzte bisher ertastet haben, sind oft schon so groß wie eine Kirsche. Häufig haben sich dann auch schon Metastasen gebildet.
Chance auf vollständige Heilung

Während einer Brust-Operation.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die rechtzeitige Entdeckung winziger Tumore ohne Streuung mache möglich, was bei einer Brustkrebs-Diagnose als bestmögliche Variante gelte, sagt Karin Bock, Leiterin des Referenzzentrums Mammografie in Südwest: "Es ist die Chance auf eine vollständige Heilung." So etwas wie die ersehnte Nadel nach der Suche im Heuhaufen. Eine Nadel, die sich vielleicht nicht findet, wenn Frauen die Einladung zum Screening in die Schublade legen. Denn noch reagiert erst die Hälfte der Angeschriebenen auf ihren Brief.
Jedes Jahr erkranken mehr als 57.000 Frauen in Deutschland neu an Brustkrebs. Von 100 Frauen, die zum Röntgen eingeladen werden, bekämen rund 5 einen zweiten Brief mit der Bitte um ein weitere Untersuchung, berichtet Sprecherin Marnach. Das ist der Zeitpunkt, an dem aus einem mulmigen Gefühl Angst wird. Bei 4 Frauen erweise sich der Verdacht jedoch schnell als unbegründet. Nur einer von 100 Frauen werde schließlich eine Gewebeprobe zur Abklärung entnommen, ergänzt sie. Zu 50 Prozent müsse sie sich dann jedoch - statistisch gesehen - auf die Diagnose Brustkrebs gefasst machen. Dieser Befund stimmt dann zu 92 Prozent, hat die Auswertung ergeben.
Fünf schmerzfreie Minuten
Die Entscheidung, die Screening-Einladung anzunehmen, steht jeder Frau frei. Machen sich viele Gedanken über Nutzen und Risiko? Eher nicht, sagt Barbara Marnach. "Die meisten Frauen fragen, ob das wehtut und wie lange es dauert." Es dauert fünf Minuten und schmerzt ein bisschen.
Quelle: ntv.de