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Weltpremiere eines echten Iron Man Gelähmter soll ersten Ball der WM spielen

Vor Millionen von Zuschauern soll ein gelähmter Mensch sich aus seinem Rollstuhl erheben und den ersten Anstoß ausführen.

Vor Millionen von Zuschauern soll ein gelähmter Mensch sich aus seinem Rollstuhl erheben und den ersten Anstoß ausführen.

(Foto: Walk Again Project)

Ein Unbekannter wird den ersten Anstoß der bevorstehenden Fußball-WM vornehmen und damit für ein kleines Wunder sorgen. Denn die Person ist von der Hüfte abwärts gelähmt. Mit der Aktion wird der Welt erstmals ein neuartiges Exoskelett vorgestellt.

Miguel Nicolelis will Rollstühle überflüssig machen.

Miguel Nicolelis will Rollstühle überflüssig machen.

(Foto: REUTERS)

Den ersten zeremoniellen Anstoß bei der Eröffnungsfeier der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien werden Millionen von Zuschauern vor den heimischen Fernsehgeräten und den Leinwänden der Public-Viewing-Plätze sehen. Auch dass Jennifer Lopez ihren Auftritt in São Paulo überraschend abgesagt hat, wird die allgemeine Begeisterung kaum dämpfen können. Der eigentliche Star der Veranstaltung wäre ohnehin nicht die wegen "Produktionsproblemen" verhinderte Sängerin gewesen, sondern ein von der Hüfte abwärts gelähmter Mensch im Roboteranzug. Dieser soll nämlich den ersten Anstoß der WM ausführen und damit den Beginn einer neuen Ära in der Medizin einläuten.

Möglich wird dies durch ein gedankengesteuertes Exoskelett. Entwickelt wurde die revolutionäre Technik vom "Walk Again Project" (WAP), einem Zusammenschluss von 200 Wissenschaftlern. Seit 2008 arbeiten sie daran, gelähmten Menschen das Laufen wieder zu ermöglichen. Jetzt, zum WM-Eröffnungsspiel, wollen sie der Welt beweisen, dass dieser Traum zum greifen nah ist.

Gedankenlesender Helm

Um den Anzug zu kontrollieren, muss der Steuernde einen Helm mit zahlreichen kabellosen Elektroden tragen. Mit deren Hilfe wird ein Elektroenzephalogramm, ein Bild der summierten elektrischen Aktivität des Gehirns, erstellt. Die Signale werden an einen Computer weitergeleitet, der als eine Art Rucksack in den Anzug integriert ist. Dort werden sie dekodiert und als Befehle an die hydraulischen Motoren weitergeleitet. Die nötige Energie kommt von einer im Anzug befindlichen Batterie und reicht für zwei Stunden anhaltende Aktivität.

Unter den Füßen des Anzugträgers sind Platten angebracht, die mithilfe von Sensoren die Berührungen mit dem Boden wahrnehmen. Bei jedem Schritt werden Signale an zwei, in den T-Shirt-Ärmeln eingenähte, Geräte gesendet, die daraufhin kurz vibrieren. So wird dem Hirn des Trägers vorgegaukelt, den Boden mit den eigenen Füßen wahrzunehmen. Ein Trick, der anscheinend funktioniert. Viele der Probanden haben schon nach kurzer Zeit das Gefühl, dass die Maschine ein Teil von ihnen ist.

Derzeit trainieren neun Menschen im Alter von 20 bis 40 mit dem Exoskelett. Wie der Chefentwickler des WAP, Miguel Nicolelis, auf seiner Facebookseite bekannt gibt, ist einer der Probanden schon bereit für die große Präsentation in São Paulo. Am Ende wird auch nur einer der Neun den großen Moment erleben dürfen.

"Die Bewegungen sind sehr geschmeidig. Es sind menschliche Bewegungen, nicht die eines Roboters", sagt Nicolelis gegenüber dem Guardian. Er ist sich sicher, dass die von seinem Team entwickelte Technik schon bald Rollstühle ablösen werde. Der Vorführung zur WM-Eröffnungszeremonie scheint nichts mehr im Wege zu stehen. Die Befürchtung, Strahlungen von Mobiltelefonen könnten die Steuerung des Anzugs beeinträchtigen, hat sich kürzlich in Feldversuchen in brasilianischen Fußballstadien als unberechtigt erwiesen.

Quelle: ntv.de

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