Phantombild aus dem Erbgut Gene für Gesichtsform erforscht
14.09.2012, 07:19 UhrSie würde der Forensik immensen Schub verleihen: die Möglichkeit, aus einer DNA-Probe vom Tatort ein Phantombild des Täters abzuleiten. Einen kleinen Schritt kommen Forscher diesem Ansatz nun näher
Vor allem Gene bestimmen das Aussehen - eineiige Zwillinge zeigen das deutlich.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wissenschaftler haben fünf Genregionen gefunden, die wahrscheinlich über die menschliche Gesichtsform mitentscheiden. Bisher lassen sich aus dem Erbgut nur bestimmte Haar- und Augenfarben ableiten. Ihre Ergebnisse ließen darauf schließen, dass eine sehr große Zahl von Erbgutvarianten mit jeweils recht kleinem Einzeleffekt über das menschliche Antlitz bestimme, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin "Plos Genetics". Die Studie war vom Fachkonsortium International Visible Trait Genetics (VisiGen) in Auftrag gegeben worden. Das Aussehen sei somit ein ähnlich komplexes Phänomen wie zum Beispiel das Körpergewicht.
Die internationale Gruppe um Manfred Kayser vom Erasmus University Medical Center in Rotterdam (Niederlande) hatte Datensätze von insgesamt rund 10.000 Menschen europäischen Ursprungs in die Analyse einbezogen. Auch Forscher aus Greifswald waren beteiligt. Auf 3D-Aufnahmen oder Fotos der Köpfe wurden neun beziehungsweise acht "Landmarken" wie die Lage von Nasenwurzel und Nasenspitze, der äußerste Punkt des Jochbogens sowie der Augenabstand ausgemessen. Dann wurde nach Übereinstimmungen zwischen bestimmten Marken und Varianten im Erbgut der Menschen gesucht.
Für die Genregionen um PAX3 und C5orf50 zeigte sich ein Zusammenhang zur Position der Nasenwurzel, für PRDM16 einer zu Nasenbreite und -höhe. Die Genregion um TP63 könnte der Analyse nach den Augenabstand beeinflussen, die um COL17A1 sowohl diesen als auch die Lage der Nasenwurzel. Bei drei der DNA-Bereiche sei schon zuvor eine Verbindung zur Schädelentwicklung bei Wirbeltieren gezeigt worden, zwei der Regionen – COL17A1 und C5orf50 – seien neu entdeckte Kandidaten. Allerdings ergaben sich die Zusammenhänge nicht immer in allen analysierten Datensätzen.
Weitere Studien notwendig
Die Studie habe noch weitere Einschränkungen, betonen die Autoren. So sei nur eine begrenzte Zahl von Messpunkten einbezogen worden, die die dreidimensionale Vielfalt menschlicher Gesichter nicht widerspiegele. Limitiert werde die Aussagekraft auch dadurch, dass zweidimensionale Fotos einbezogen wurden. Auf ihnen seien Merkmale wie der äußerste Punkt des Jochbogens nicht zu erkennen, zudem ergäben sich schon aus einer leicht variierenden Kopfhaltung oder Bildauflösung störende Unterschiede. Die Verknüpfung mehrerer Datensätze sei wegen möglicher kleiner Abweichungen ebenfalls nicht ideal.
Doch auch wenn weitere Studien nötig seien: Die Analyse zeige klar, dass auch bei einem so komplexen Phänomen wie dem Aussehen Rückschlüsse aus DNA-Daten auf einzelne Merkmale möglich seien, so das Fazit der Forscher. "Das sind spannende erste Ergebnisse, die der Beginn davon sein könnten, die genetischen Grundlagen menschlicher Gesichtsmorphologie zu verstehen", wird Kayser in einer Mitteilung zur Studie zitiert.
Quelle: ntv.de, dpa