Der erholsamste Ruheraum der Welt Gestresste Banker profitieren
14.11.2008, 08:47 UhrEs ist ja nicht so, dass Richard Wiseman bisher Mühe gehabt hätte, Probanden zu finden. Doch seit die Immobilienpreise in Großbritannien fallen, die Wirtschaft einer Rezession entgegentrudelt und die internationalen Finanzmärkte verrückt spielen, bekommt der Psychologie-Professor von der University of Hertfordshire nördlich von London eine ganz neue Klientel in seinen Testraum: gestresste Banker, besorgte Angestellte, geschaffte Großstädter. Kein Wunder - hat Wiseman nach eigener Aussage doch den entspannendsten Ruheraum der Welt entwickelt. Und den können Londoner Manager und Geschäftsleute derzeit gut gebrauchen.
"Auf dem Boden herumzuliegen und Musik zu hören, ist nicht gerade das, was ich sonst an einem ganz normalen Arbeitstag tue", sagt Ken Dougall, der Manager der schwedischen Svenska Handelsbanken ist. Aber eigentlich wäre es nicht schlecht, genau das häufiger zu tun, sinniert der 56-Jährige nach einer Sitzung in Professor Wisemans Wellness-Stube. "Wenn Kunden gestresst sind, greift das auch auf die Banker über." Manchmal wäre es wohl besser, einfach mal mitten am Tag auszuspannen, sich eine Auszeit zu gönnen und eine Denkpause einzulegen.
Das Ergebnis von 30 Jahren Forschung
Genau dieser Denkanstoß ist es, den Wiseman vermitteln will: "Im Moment ist Stress das Problem", sagt der Psychologe mit Blick auf die Panikattacken an den Finanzplätzen. Wenn die Entscheidungsträger zwischendurch mal zur Ruhe kämen, könnten sie besser mit ihren Herausforderungen umgehen. Die Geschäftswelt und das ganze gesellschaftliche Zusammenleben würden davon profitieren, glaubt Wiseman. Für dieses Ziel hat der Brite den ultimativen Wellness-Tempel erschaffen: Licht, Luft, Töne, Düfte, Mobiliar - nichts blieb dabei dem Zufall überlassen. Rund 30 Jahre Forschung sind in Wisemans Ruheraum der Extraklasse geflossen.
Und so taucht der Entspannungswillige ein in eine Welt aus grünem und blauem Licht, durch die Lavendelduft strömt und der Klang von Geigen und Gesang. Rauchwolken wabern herein und ziehen ab. In solch einem Ambiente ist der Proband sozusagen zur Entspannung gezwungen. "Es war eine ganz wunderbare Erfahrung", berichtet die 64-jährige Gesundheitstrainerin Mary Barton. "Mein Pulsschlag ist von 84 auf 68 gesunken." Der 43-jährige Andrew Bendefy aus dem nahe gelegenen St. Albans bringt seinen Ruhepuls sogar von 80 auf 58 herunter. "Als der Rauch hereinkam und dann nach oben zog, war das so ein erleichterndes Gefühl. Es war sehr angenehm", schwärmt er.
Gute Laune fördert die Kreativität
"Bei einigen Faktoren wissen wir, warum sie wirken, bei anderen wissen wir nur, dass sie wirken", sagt Wiseman. "Das grüne Licht erinnert die Menschen an die freie Natur. Das blaue Licht lenkt die Aufmerksam nach innen und lässt die Leute ihre Alltagssorgen vergessen." Bei der Musik wiederum habe er darauf geachtet, dass sie besonders gleichmäßig sei: "Wir wissen, dass Gefahr mit plötzlich auftretenden Geräuschen assoziiert wird." Dagegen vermittle die Musik im Ruheraum das Gefühl einer "sehr sicheren Umgebung".
Ganze Heerscharen von Schülern, Geschäftsleuten und bunt gemischten Bevölkerungsgruppen hat Wiseman schon durch seinen Testraum geschleust. Monitore überwachen die Herzfrequenz. Die Ergebnisse sind eindeutig. "Der Raum bringt den Leuten zwei Vorteile", sagt der Psychologe. Zum einen senke er die körperlichen Auswirkungen von Stress wie Blutdruck und Herzfrequenz, zum anderen hebe er ganz einfach die Stimmung. "Die Leute fühlen sich großartig, wenn sie da drin sind, und das hat einen Langzeiteffekt", betont Wiseman. "Wir wissen, dass gute Laune die Kreativität fördert und die Menschen sozialer macht und sie ihre Probleme besser in den Griff bekommen."
Für Wiseman selbst war die Einrichtung des Entspannungsraumes übrigens der pure Stress, wie er gesteht. Das sei aber nicht weiter schlimm, sagt er: "Ich blühe bei Stress richtig auf. Mir hat das viel Spaß gemacht."
Quelle: ntv.de, Robin Millard, AFP