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Umstrittene Strategie Grüne Gentechnik

Es gibt nur wenige Themen, bei denen sich Gegner und Befürworter so unerbittlich gegenüberstehen wie bei der grünen Gentechnik. Während Befürworter darin die Antwort auf aktuelle und bevorstehende weltweite Probleme in der Landwirtschaft sehen, ist nach Ansicht der Gegner die Gefahr für die Umwelt so immens groß, dass kein Kompromiss möglich erscheint.

Bislang waren die Befürworter erfolgreicher, wuchs doch jährlich die Anbaufläche mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Waren es laut Standortregister deutschlandweit im Jahr 2005 noch 366 Hektar, werden es in diesem Jahr 4357 Hektar sein, die hauptsächlich mit dem Gen- Mais Mon 810 des US-Konzerns Monsanto bepflanzt werden. Die bebaute Fläche entspricht ungefähr der der Hansestadt Stralsund. Unter den Bundesländern liegt Brandenburg mit rund 1500 Hektar Anbaufläche an der Spitze.

Der Anteil Ostdeutschlands an der Anbaufläche beträgt 97 Prozent. Den großen Betrieben im Osten fällt es nach Angaben des Bundesamts leichter, die Vorgaben zum Mindestabstand zu gentechnikfreien Feldern umzusetzen als den kleinteiligen Betrieben hauptsächlich im Süden der Republik. Der Gentechnikexperte der Umweltorganisation BUND in Mecklenburg-Vorpommern, Burkhard Roloff, sieht noch einen anderen Grund: Es sei leichter, einen Landwirt als zehn zu überreden, um eine große Fläche zu bekommen. Zudem sei es in den kleinen Strukturen im Süden für einen Bauer schwerer, den Anbau von Gen-Mais zu vertreten als im teils menschenleeren Osten.

Sorge bei Gentechnik-Befürworter

Doch trotz wachsender Anbaufläche scheint sich in den Reihen der Gentechnik-Befürworter Sorge breitzumachen, ob der Anbau für die Forschung in der bisherigen Form weiter möglich sein wird. Die Zahl gentechnikfreier Zonen wächst, auch wenn dies kein rechtlich durchsetzbarer Titel ist. Alleine in Mecklenburg-Vorpommern sind es 138 000 Hektar. Die teilweise Zerstörung eines Feldes mit verändertem Weizen in Gatersleben (Sachsen-Anhalt) verursachte einen Schaden im sechsstelligen Eurobereich, für dieses Jahr liege die Forschung brach. Nicht förderlich war auch, dass Versuche mit Gen-Weizen im Nordosten und Sachsen-Anhalt für 2008 abgesagt wurden, weil Genehmigungen nicht rechtzeitig vorlagen. "Der Gentechnik-Lobby bläst der Wind ins Gesicht", frohlockt Roloff.

Die führende Pflanzen-Gentechnikerin Mecklenburg-Vorpommerns, Inge Broer von der Universität Rostock, lässt jedoch keinen Zweifel am Sinn der Gentechnik aufkommen. "Wir können auf die Hilfe der Gentechnik nicht verzichten, wenn wir die Herausforderung in der Landwirtschaft durch den Klimawandel rechtzeitig bewältigen wollen". Die Kulturpflanzen benötigten mehr Widerstandskräfte gegen Pilze, Bakterien und Insekten, die in Zukunft vermehrt auftreten werden. Auch müssten sich die Pflanzen besser den höheren Temperaturen und der Trockenheit anpassen können. Dazu gehöre beispielsweise die bessere Verwertung von geringen Mengen Wasser genauso wie der von plötzlich auftretenden Wassermassen.

Auch würden Bioenergiepflanzen wie Mais benötigt, die ihre Hauptkraft in die Biomasse- und nicht in die Fruchtkolben-Produktion legen. Für die Produktion nachwachsender Rohstoffe müssten auch andere Kulturarten nutzbar gemacht werden, um einen besseren Fruchtwechsel zu ermöglichen, sagt Broer.

"Für alle Herausforderungen gibt es bereits die passenden, auf herkömmlichem Weg gezüchteten Pflanzen", kontert Roloff und fordert einen Stopp gentechnisch veränderter Pflanzen in der Forschung und im kommerziellen Anbau. Forderungen nach Koexistenz sind für ihn politische Propaganda, Koexistenz könne es nicht geben.



Joachim Mangler, dpa

Quelle: ntv.de

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