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Suche nach Medikamenten HIV-Molekül gebremst

Forscher haben ein weiteres Protein des Aidserregers HIV gehemmt, die Vermehrung der Viren damit geschwächt und so Hinweise auf eine neue Wirkstoffklasse gegen die unheilbare Immunschwäche Aids geliefert. Die Gruppe um Mario Stevenson von der University of Massachusetts in Worcester berichtet im Journal "Nature Biotechnology" von ihren Resultaten.

Im Mittelpunkt ihrer Versuche steht das virale Protein Vif (viral infectivity factor). Es wurde von dem Virus entwickelt, um einen Abwehrmechanismus des Menschen außer Kraft zu setzen. Diesem Angriff begegnen Stevenson und seine Kollegen nun ebenfalls mit einer gezielten Attacke auf das Virenprotein Vif. Ein neues Präparat gegen Aids zeichnet sich damit nicht direkt ab, wohl aber ein neuer Weg in diese Richtung.

Die Zellen des Menschen haben sich mit einer eigenen Abwehr gegen Viren gewappnet. Dazu zählt das Protein APOBEC3G (A3G). Es verändert die Erbsubstanz von HI- und anderen Viren, die daraufhin von der Zelle zerstört wird. Im Falle der Aidserregers kann sich dessen Erbgut daraufhin nicht mehr in den Kern der infizierten Zelle einbauen. In den wenigen Fällen, in denen das dennoch gelingt, sind zudem fehlerhafte Viren die Folge. Mit seinem Protein Vif sorgt HIV nun dafür, dass A3G in der Zelle zerstört wird. Vif lässt A3G dafür als "alt" und "verbraucht" erscheinen – was die zelluläre Müllabfuhr zur Beseitigung schreiten lässt.

Chemische Bibliothek

Diesen vorzeitigen Abbau unterbindet das Team um Stevenson. Dafür haben sie mit der Hilfe von Robotern in einer chemischen Bibliothek mit 30.000 Wirkstoffen jene herausgesucht, die in HIV-infizierten Zellkulturen für den Erhalt des menschlichen A3G-Proteins sorgen ("Screening"). Im ersten Schritt zeigten sich 537 Kandidaten, die in einer zweiten Analyse erst 66 und schließlich auf 25 reduziert wurden. Substanz Nummer 18 (RN- 18) davon erwies sich schließlich als besonders hilfreich. RN-18 wirkt dem verheerenden Angriff auf das Abwehrprotein A3G entgegen, das in der Folge längst nicht mehr so stark abgebaut wurde wie zuvor.

Varianten noch wirksamer?

Dieser Zusammenhang war eindeutig: Je mehr RN-18 vor der Infektion zu den Zellkulturen gegeben wurde, umso besser fiel der Schutz aus. Die hohen Konzentrationen von Kandidat 18 reduzierten den Abbau A3G auf rund ein Sechstel. Auf welche Weise das genau funktioniert, wissen die Forscher noch nicht. Sie wollen es aber in weiteren Versuchen klären. RN- 18 jedenfalls ist selbst in hohen Konzentrationen nicht giftig für die Zelle und scheint Vif direkt entgegenzuwirken. Das kleine Molekül ist keinesfalls bereits ein neuer Wirkstoff.

Die US-Forscher sprechen von einer Leitsubstanz, die modellhaft Wirkung zeigt. Chemisch veränderte Varianten könnten noch weit wirkungsvoller sein. Die Immunschwäche hat in den vergangenen rund 25 Jahren weit mehr als 20 Millionen Menschen getötet, allein 2007 rund 2 Millionen. Das Virus zerstört einen Teil des Immunsystems, das Folge-Infektionen dann kaum noch bekämpfen kann.

Weltweit leben rund 33 Millionen Menschen mit dem Aidserreger. Täglich stecken sich rund 7500 Menschen neu an, berichtet das Aidsprogramm der Vereinten Nationen UNAIDS. 2007 infizierten sich rund 2,7 Millionen Menschen neu. Nach wie vor können Medikamente den Ausbruch der unheilbaren Krankheit nur verzögern. Zudem zeigen sich Resistenzen dagegen – neue Wirkstoffe werden dringend gesucht.

Quelle: ntv.de

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