Nobelpreis für Deutschen Harald zur Hausen geehrt
06.10.2008, 11:38 UhrDer Medizin-Nobelpreis geht in diesem Jahr an den deutschen Krebsforscher Harald zur Hausen sowie an zwei französische Entdecker der Aidsviren. Zur Hausen hat die Papillomviren gefunden, die Gebärmutterhalskrebs auslösen können - und schuf die Grundlagen für einen breit angewandten Impfstoff.
Der Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg bekommt eine Hälfte des diesjährigen Nobelpreises, wie das Karolinska-Institut in Stockholm mitteilte. Der Franzose Luc Montagnier und seine Kollegin Franoise Barr-Sinoussi teilen sich die andere Hälfte für die Entdeckung des Aidserregers HIV.
Zur Hausen habe sich gegen ein medizinisches Dogma gewandt, als er bereits in den 1970er Jahren postulierte, dass Viren Krebs auslösen können, begründete das Komitee seine Wahl. Gebärmutterhalskrebs ist mit weltweit rund einer halben Million Fällen pro Jahr der zweithäufigste Krebs bei Frauen. Die sexuell übertragbaren Papillomviren vom Typ HPV 16 und 18 sind Ursache von 70 Prozent aller Gebärmutterhalstumore weltweit. Auf Grundlage der Forschungen von zur Hausen wurde eine Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs entwickelt.
"Manches Gelächter eingesteckt"
Für Deutschland empfahl die Ständige Impfkommission im März 2007 die Impfung für alle Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren - sie sollte in jedem Fall noch vor dem ersten Geschlechtsverkehr erfolgen. In Deutschland erkranken jedes Jahr rund 6500 Frauen an Gebärmutterhalskrebs.
"Zur Hausen war ein Außenseiter, dem viele nicht geglaubt haben. Aber so ist Wissenschaft. Manche Leute müssen eben die vorherrschenden Dogmen infrage stellen", sagte das Nobelkomitee-Mitglied Bo Angelin. "Zur Hausen hat eine brillante Idee gehabt und mit beharrlicher Arbeit ihre Richtigkeit bewiesen."
Und die Berliner Aidsforscherin Karin Mölling vom Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik ergänzte: "Zur Hausen hat zu früheren Zeiten mit seinem Ansatz sehr kontrovers dagestanden und musste manches Gelächter einstecken. Er hat sich gegen alle Widerstände durchgekämpft."
Gallo geht leer aus
Die Franzosen Luc Montagnier und Franoise Barr-Sinoussi hatten am Institut Pasteur in Paris das Immunschwächevirus Anfang der 1980er Jahre in Proben von schwer kranken Patienten isoliert. Die Entdeckung habe auch die Voraussetzungen für die modernen Aidsmedikamente geschaffen, teilte das Komitee mit. Der US-Virologe Robert Gallo, der sich lange mit Montagnier um die HIV-Entdeckung und Patente gestritten hatte, geht bei der diesjährigen Nobelpreisvergabe leer aus.
"Es kann als klar erwiesen angesehen werden, dass die Entdeckung in Frankreich gemacht worden ist", begründete Bertil Fredholm, Chef des Nobelkomitees, diese Entscheidung. "Und wenn es darum geht, wer eines Nobelpreises würdig ist, sind wir Experten."
25 Millionen sterben an AIDS
Dem stimmt auch Aidsforscherin Mölling zu: "Gallo hat einen großen Teil der wissenschaftlichen Durchhaltekraft bei der weiteren Erforschung des Virus beigetragen, aber die Entdeckung selbst geht ganz klar auf das Konto von Montagnier und Barr-Sinoussi." Montagnier hatte das Patent für den ersten Aidstest ein halbes Jahr vor Gallo beantragt, der es jedoch eher vom US-Patentamt bewilligt bekam. Erst 1994 wurde der Streit beigelegt. Das Aidsvirus hat inzwischen mehr als 60 Millionen Menschen infiziert, mehr als 25 Millionen sind daran gestorben, ein Impfstoff ist nicht in Sicht.
Die höchste Auszeichnung für Mediziner ist in diesem Jahr mit insgesamt umgerechnet einer Million Euro (10 Millionen Schwedischen Kronen) dotiert. Am Dienstag und Mittwoch werden die Träger des Physik- und des Chemie-Nobelpreises benannt. Die feierliche Überreichung findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel.
Quelle: ntv.de