"Deep Impact" auf preiswerter Mission "Hartley 2 ist ein Ur-Baustein"
04.11.2010, 12:05 Uhr
"Deep Impact" beschießt 2005 bei ihrer ersten Mission den Kometen "Tempel 1".
(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)
Die Raumsonde der NASA "Deep Impact" wird in nur 700 Kilometern Entfernung am Kometen "Hartley 2" vorbeirasen und dabei unzählige Bilder machen. Warum genau die Wissenschaftler so scharf auf diese Bilder sind und was ein Planetesimal ist, erklärt Jörg Knollenberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Asteroiden und Kometen am Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt.
n-tv.de: Was ist das besondere an dem Treffen zwischen "Deep Impact" und Hartley 2"?
Jörg Knollenberg: Es ist für uns Wissenschaftler erst die fünfte Möglichkeit, so nah mit einer Raumsonde an einen Kometen zu gelangen. Der Kometenkern steht im Zentrum der Mission, weil sich dort das älteste Material, das wir im Sonnensystem finden können, befindet. Dahinter steckt die wissenschaftliche Annahme, dass das Material im Kometenkern seit der Entstehung des Sonnensystems vor mehr als vier Milliarden Jahren übrig geblieben und am wenigsten verändert ist. Kometen sind also die Ur-Bausteine, aus denen alles in unserem Sonnensystem geboren wurde.
Warum wurde "Hartley 2" ausgewählt?
Kometen sind besser für diese Forschungen geeignet als zum Beispiel Asteroiden, denn diese haben im Laufe der Zeit ihre leicht flüchtigen Anteile verloren und enthalten daher nur noch die gesteinsförmige Komponente. Kometen dagegen bestehen tatsächlich noch aus den gefrorenen Gasen von Wasser, Kohlenmonoxid, Methan, Ammoniak sowie aus silikatischem Gestein und organischen Verbindungen. "Hartley2" ist zudem mit einem Durchmesser von rund 0,6 Kilometern Radius ein sehr kleiner Komet, der aber sehr aktiv ist, das heißt, der sehr stark ausgast.
Was bedeutet, ein Komet gast aus?
Wenn ein Komet in die Nähe der Sonne kommt, verdampft er das Eis und verliert daraufhin Gas und Staub. Dieser Vorgang lässt die Schweife an Kometen entstehen. "Hartley 2" verliert, obwohl er relativ klein ist, sehr viel Gas und Staub. Aus diesem Grund spekulieren die Wissenschaftler, dass er ein einzelner Planetesimal, also ein ursprünglicher Baustein der Planeten sein könnte. Ob das wirklich so ist, kann jedoch erst nach der Auswertung der Daten gesagt werden.
Die Raumsonde "Deep Impact" absolviert bereits ihre zweite Mission? War das geplant?

Die Raumsonde wurde für die Erforschung und den Beschuss des Kometen "Tempel 1" gebaut.
(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)
2005 noch nicht. Die Raumsonde der NASA hatte bereits vor fünf Jahren bei ihrer Mission "Deep Impact" hervorragende Arbeit geleistet und den Kometen "Tempel 1" untersucht. Die gegenwärtige Mission trägt den Namen "EPOXI" und besteht aus zwei Teilen, einerseits der Beobachtung von extrasolaren Planeten und andererseits aus dem sogenannten Encounter mit "Hartley 2". Die Sonde ist also wiederverwendet worden, ganz einfach weil alle Instrumente noch funktionierten und entsprechende Treibstoffmengen noch vorhanden waren. Mit den vorhandenen Parametern im All haben die Forscher dann "Hartley 2" ausgewählt. Diese Mission ist also ein relativ preiswertes Extra, das die Raumsonde liefert.
Die Raumsonde wird mit rasender Geschwindigkeit an dem Kometen vorbeifliegen. Wie scharf können denn die Bilder werden?
Es ist so, dass die Raumsonde schon bei der Annäherung jede Menge Bilder machen wird. Man lichtet also die sogenannte Koma, das ist die Staubatmosphäre um den Kometen, ab. Soweit ich das sagen kann, wird es bei dem geringsten Abstand zwischen beiden zu einer Auflösung von einem Pixel pro sieben Metern kommen. Zudem werden sehr kurze Belichtungszeiten eingesetzt. Außerdem ist die Relativbewegung des Satelliten zum Kometen sehr genau bekannt, so dass "verwackelte" Bilder zurückgerechnet werden können.
Die NASA hat geplant, den Kometen insgesamt 64.000 Mal abzulichten? Wann ist mit den ersten Ergebnissen zu rechnen?
Die Daten des "close encounters" werden relativ schnell zur Erde gefunkt, da die Raumsonde vergleichsweise nah an der Erde ist. Danach werden die Rohdaten, die von der Raumsonde kommen, aufwendig bearbeitet, um so kalibrierte und wissenschaftlich auswertbare Bilddaten zu erzeugen. Ich nehme an, dass erste wissenschaftliche Ergebnisse Anfang 2011 präsentiert werden. Wahrscheinlich können gar nicht alle Daten sofort ausgewertet werden, sie werden aber archiviert und zu bestimmten Anlässen als Vergleichsbasis wieder herangezogen. Wissenschaftler werden also noch Jahre damit zu tun haben.
Mit Jörg Knollenberg sprach Jana Zeh
Quelle: ntv.de