Neue Hoffnung für Diabetiker Hautzellen stellen Insulin her
06.09.2009, 16:47 Uhr
Diabetiker müssen sich ihr Leben lang Insulin spritzen.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
US-Forscher haben Hautzellen von Diabetikern im Labor so umprogrammiert, dass sie das lebenswichtige Insulin liefern. Dieses Verfahren könnte sich in Zukunft auch für die Behandlung Zuckerkranker vom Typ 1 (”jugendlicher Diabetes”) eignen, schreiben Douglas Melton von der Harvard University und seine Kollegen in den "Proceedings” der US-Akademie der Wissenschaften ("PNAS”). Zunächst sollen die umprogrammierten Zellen jedoch der Untersuchung dienen, warum es überhaupt zu Typ-1-Diabetes kommt.
Insulin ist ein lebenswichtiges Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Es regelt die Aufnahme von Glukose in die Körperzellen und senkt den Blutzuckerspiegel. Bei gesunden Menschen wird es ausgeschüttet, sobald der Blutzuckerspiegel steigt – etwa nach dem Essen. Kann der Körper den Blutzuckerspiegel nicht mehr ausreichend regeln, wird der Betroffene zuckerkrank (Diabetes mellitus). Bei den meisten Diabetikern (Typ 2, früher oft Altersdiabetes genannt) sind die Körperzellen zunehmend unempfindlich für Insulin geworden. Bei etwa 5 Prozent der Diabetiker (Typ 1) hat dagegen das eigene Immunsystem – meist bereits im Jugendalter – die insulinbildenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse zerstört. Warum dies geschieht, ist nicht befriedigend geklärt. Typ-1-Diabetiker müssen sich lebenslang Insulin spritzen.
Zwei Diabetes-Stammzelllinien
Melton und seine Kollegen entnahmen zwei Typ-1-Diabetikern einige Hautzellen, sogenannte Fibroblasten. Durch das Einschleusen dreier Gene drehten die Forscher die Entwicklungsuhr der Hautzellen zurück und versetzten sie in ein Stammzellstadium. Solche "induzierten pluripotenten Stammzellen" (iPS-Zellen), die von embryonalen Stammzellen kaum zu unterscheiden sind, haben Forscher bereits aus verschiedenen Geweben von Mensch und Tier gezüchtet.
Das Team um Melton gewann aus seinen iPS-Zellen zwei Stammzelllinien, die die genetischen Anlagen für Typ-1-Diabetes enthalten. Damit stehe nun ein Werkzeug für die Erforschung der molekularen Grundlagen dieser Diabetesform zur Verfügung, schreiben die Wissenschaftler. Bislang werde die Entstehung des Diabetes vom Typ 1 vor allem an Ratten und Mäusen untersucht, was aber nicht vollständig repräsentativ für den Menschen sei.
In einem weiteren Schritt züchteten die Wissenschaftler aus den iPS-Zellen erfolgreich insulinproduzierende Zellen. Dies zeige, dass sich auf diesem Wege Ersatzzellen gewinnen ließen, die das Erbgut des Patienten tragen und daher nicht abgestoßen würden, unterstreichen die Forscher. Allerdings sei der Prozess bisher nicht sehr effizient. Die so gezüchteten Ersatzzellen setzten die Forscher auch nicht wieder in die Patienten ein. Denn sie hatten in die Hautzellen drei Kontrollgene (Oct4, Sox2 und Klf4) eingeschleust, um die Zellen zu iPS-Zellen zu verjüngen. Auch die daraus gezüchteten Insulin-Zellen tragen diese zusätzlichen Gene. Das erhöht das Krebsrisiko bei einer Transplantation. Andere Teams haben zwar bereits Zellen ganz ohne das Einschleusen von Genen zu iPS-Zellen zurückprogrammiert, allerdings noch nicht beim Menschen.
Quelle: ntv.de, dpa