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Gegen Depression Hormon steuert Mutter-Bindung

Die Mutter-Kind-Bindung wird maßgeblich von dem Hormon Vasopressin beeinflusst. Zumindest bei Ratten steigert ein hoher Vasopressin-Gehalt im Gehirn die Fürsorge des Muttertiers gegenüber den Jungen deutlich, berichten Oliver Bosch und Inga Neumann von der Universität Regensburg in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften ("PNAS"). Möglicherweise ließen sich durch Eingriffe in das Hormonsystem auch Menschenmütter behandeln, die nach der Geburt schwere Depressionen bekommen und ihre Neugeborenen vernachlässigen oder ihnen schlimmstenfalls sogar Gewalt antun.

Fürsorge per Injektion

Bislang ist vor allem das Hormon Oxytocin - chemisch ein naher Verwandter des Vasopressins - als "Bindungshormon" bekannt. Die Neurowissenschaftler vom Institut für Zoologie der Regensburger Universität belegten nun die Bedeutung von Vasopressin in Untersuchungen mit Rattenmüttern. Sie erhöhten bei diesen zunächst per Injektion gezielt den Gehalt an Vasopressin im Gehirn. Die mütterliche Fürsorge nahm daraufhin deutlich zu. Vor allem zeigten die Tiere vermehrt ein Verhalten, das Fachleuten als "protektives Säugen" bekannt ist. Dabei stellt sich das Muttertier zum Säugen über die Jungtiere und wärmt diese dadurch. Blockierten die Forscher in einem bestimmten Hirnbereich die Bindungsstelle für das Vasopressin, kümmerten sich die Rattenmütter hingegen weniger um ihren Nachwuchs.

In einer zweiten Versuchsreihe testeten die Wissenschaftler Ratten, die aufgrund einer winzigen genetischen Veränderung ein besonders stark oder besonders schwach ausgeprägtes Angstverhalten zeigen. Die ängstlichen Mäuse bilden ein besonders aktives Vasopressin-Gen. Auffällig ist, dass diese Tiere auch ein ausgeprägtes Fürsorgeverhalten an den Tag legen. Blockierten die Wissenschaftler nun wiederum die Andockstellen für Vasopressin, nahm ihre Fürsorglichkeit ab. Rattenmütter, die sich genetisch bedingt weniger mütterlich - und weniger ängstlich - verhalten, kümmerten sich hingegen deutlich intensiver um ihren Nachwuchs, wenn sie Vasopressin verabreicht bekamen.

Hilfe gegen Wochenbettdepressionen?

Noch ist unklar, inwieweit Vasopressin als Ansatzpunkt zur Behandlung von Wochenbettdepressionen dienen kann. Experten schätzen, dass etwa zehn Prozent aller Frauen im ersten Jahr nach der Geburt eines Kindes eine so genannte postpartale Depression erleiden. Im schlimmsten Fall kann sich diese zu einer postpartalen Psychose auswachsen. Komplizierte Schwangerschaftsverläufe, eine traumatische Geburt, die hormonellen Veränderungen oder Probleme in der Partnerschaft sind nur einige der vielen möglichen Ursachen für die psychische Erkrankung. Mit Hilfe einer Psychotherapie oder einer medikamentösen Behandlung lässt sich die Depression in der Regel gut behandeln.

Quelle: ntv.de

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