Immer mehr Körperspenden Kampf mit den Kosten
21.05.2008, 15:16 UhrWer seinen Körper nach dem Tod der Wissenschaft zur Verfügung stellen will, muss derzeit um einen Platz in den Anatomiesälen kämpfen. Während vor Jahren die Institute zum Teil noch mit Anzeigen Körperspender gesucht haben, können sie sich inzwischen vor Angeboten kaum retten. Einige haben daher einen Stopp verhängt oder verlangen Geld für die Aufnahme. Doch das ist umstritten. In Jena sollten am Mittwoch Körperspender mit einer ökumenischen Gedenkfeier geehrt werden.
Etwa 20 bis 30 Prozent der 32 Anatomie-Institute in Deutschland verlangen eine finanzielle Beteiligung von ihren Körperspendern, schätzt das Vorstandsmitglied der Anatomischen Gesellschaft, Horst- Werner Korf. Der Betrag liege zwischen 600 und 1200 Euro. "Ich halte das für sehr bedauerlich. Die Ausbildung ist letztlich eine Aufgabe, für die hier der Staat beziehungsweise die Universität zuständig ist", sagte Korf, der als Professor am Institut für Anatomie in Frankfurt/Main lehrt. "Sie sollte nicht durch Zufinanzierungen gesponsert werden müssen - zumindest nicht von den Körperspendern."
Finanzielle Selbstbeteiligung
Ein Körperspender legt zu Lebzeiten fest, was nach dem Tod mit seinen sterblichen Überresten passiert. Er entscheidet, ob sein Körper zeitlich begrenzt untersucht wird oder als Dauerspende am Institut verbleibt. In der anatomischen Ausbildung zerlegen Medizinstudenten die konservierten Leichname in kleinste Einzelteile. Für die ärztliche Weiterbildung werden neue Operationstechniken an den Körpern trainiert. Danach wird der Leichnam eingeäschert und, so wie es der Körperspender verfügt hat, beigesetzt.
Doch wegen der steigenden Zahl an Körperspenden wissen einige Hochschulen kaum, wie sie die Kosten für die Bestattungen tragen sollen. Seit im Jahr 2004 das Sterbegeld von zuletzt 525 Euro weggefallen ist, bleiben die Universitäten ganz auf den Kosten sitzen. Zuvor war der Betrag bei Körperspenden von den Krankenkassen direkt an die Hochschulen ausgezahlt worden. Die Folge sind nun strenge Aufnahmeregeln oder finanzielle Selbstbeteiligungen.
Strenge Aufnahmeregeln
"Körperspenden sind zwar teuer, aber darauf zu verzichten, wäre eine gefährliche Tendenz für die Ausbildung der Mediziner", stellte Korf klar. Doch wenn ein Anatomie-Institut nicht genügend Mittel für die Lehre zur Verfügung habe, sei es legitim, eine Fremdfinanzierung über die Körperspender zu machen.
Auch Korfs Institut hat inzwischen strenge Aufnahmeregeln. "Wir nehmen nur Testamente von Menschen über 50 Jahren entgegen. Und die Spender müssen in der Frankfurter Gegend wohnen", erklärt er. Auch das habe finanzielle Gründe, da das Institut nicht nur die Einäscherung und das Begräbnis übernehme, sondern auch den Transport der Leichname. Jährlich arbeitet die Frankfurter Anatomie mit rund 40 Körperspendern. Die Kosten für jeden von ihnen belaufen sich laut Korf auf etwa 3000 Euro. "Lässt sich der Körperspender in der Grabstätte unseres Instituts beerdigen, entstehen ihm keine Kosten."
Preiswertes Begräbnis nicht Hauptmotiv
An der Friedrich-Schiller-Universität in Jena gilt derzeit ein Spender-Stopp, weil die Kartei bereits Vereinbarungen mit mehr als 1000 noch lebenden Körperspendern umfasse, sagt Oberärztin Rosemarie Fröber vom Institut für Anatomie. Eine Beteiligung der Spender an den Beerdigungskosten sieht sie kritisch. "Wir haben uns gegen eine Zuzahlung entschieden, weil wir finden, dass es finanziell schwache Körperspender benachteiligt." Dennoch sei die Finanzierung der Beisetzungen auch in Jena ein Problem.
Das preiswerte Begräbnis sieht Fröber nicht als Hauptmotiv der Körperspender. "Ich denke, es ist das bewusste Bedürfnis zu helfen, das im Vordergrund steht", sagt die Oberärztin. "Es gibt Menschen, die das als Dank für gute medizinische Betreuung zu Lebzeiten tun." Manche hätten auch eine intensive Beziehung zur Universität oder sorgten sich um ihre Grabpflege, weil sie keine Angehörigen hätten. "Es ist eine schwerwiegende Entscheidung, zu sagen: Wenn ich tot bin, arbeiten noch andere an mir."
Von Theresa Krohn, dpa
Quelle: ntv.de