Stammzellen sicher hergestellt Keine Kontrollgene im Erbgut
29.03.2009, 12:06 UhrUS-Forscher haben einen besonders sicheren Weg entwickelt, um eine Art embryonale Stammzellen herzustellen. Sie schleusten kleine Ringe (Plasmide), die bestimmte Kontrollgene enthielten, in menschliche Hautzellen ein. Die Kontrollgene drehten die Lebensuhr der Zellen zurück und verwandelten sie so in induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen), die sich wie embryonale Stammzellen verhalten. Die Plasmide blieben als Ring erhalten und setzten sich nicht in das Erbgut der Zellen. Anschließend vermehrten die Forscher die iPS-Zellen. Dabei verloren einige der Zellen auf natürliche Weise ihre Plasmide. Die Forscher um James Thomson von University of Wisconsin-Madison suchten sich dann genau solche Zellen heraus, die kein Plasmid mit Kontrollgenen enthielten.
Das Team fügte im Gegensatz zu anderen Forschern die künstlichen Kontrollgene somit gar nicht erst ins Erbgut ein. Sie müssen daher später nicht extra herausgeschnitten werden. Die Studie zeige, dass es zum Reprogrammieren von menschlichen Körperzellen nicht nötig ist, die Kontrollgene in das Erbgut zu integrieren, schreiben die Forscher im US-Fachjournal "Science". Die so entstandenen iPS-Zellen entwickelten sich zu Vertretern aller drei grundlegenden Keimblätter weiter, aus denen während der Embryonalentwicklung alle Körperteile hervorgehen.
Ethisch umstritten
James Thomson hatte 1998 bereits als erster Forscher weltweit aus Embryonen von Fruchtbarkeitskliniken embryonale Stammzellen entnommen. Sie teilten sich in diesem Stadium unentwegt weiter und konnten später die unterschiedlichsten Gewebe produzieren. Damit wurde die Idee populär, aus embryonalen Stammzellen einmal Ersatzgewebe für Patienten mit Diabetes, Parkinson oder anderen Erkrankungen zu schaffen. Von einer Heilung wurde bislang nichts bekannt. Die Technik ist ethisch umstritten, da dafür Embryonen zerstört werden müssen. In Deutschland ist sie verboten.
Die Produktion von iPS-Zellen, die das Stadium eines kompletten Embryos umgehen und damit auch diesen ethischen Konflikt, hat sich innerhalb nur weniger Jahre rasant entwickelt: Im Jahr 2006 gelang es dem japanischen Forscher Shinya Yamanaka von der Universität Kyoto mit Hilfe von nur vier Kontrollgenen, Schwanzzellen von Mäusen zu iPS-Zellen zurückzuprogrammieren. Es folgten 2007 entsprechende Erfolge mit menschlichen Hautzellen. Doch einige der Kontrollgene erhöhten das Krebsrisiko, so dass diese Stammzellen für den späteren medizinischen Einsatz nicht geeignet waren. Nach und nach konnten die Forscher auf ein Kontrollgen nach dem anderen verzichten, um die iPS-Zellen herzustellen.
Im Februar 2009 präsentierte der Münsteraner Stammzellforscher Professor Hans Schöler iPS-Zellen von Mäusen, die sein Team mit Hilfe nur eines Kontrollgens aus Nervenstammzellen gewonnen hatte. Doch immer noch war das Krebsrisiko erhöht, denn das Kontrollgen wurde in das Erbgut eingeschleust, was zu Fehlern beim Ablesen mehrerer Gene führen kann.
Verbot könnte überflüssig werden
Anfang März 2009 stellten zwei Forschergruppen schließlich iPS-Zellen vor, die keinerlei Kontrollgene mehr im Erbgut enthielten. Sie hatten vier Kontrollgene mit Hilfe eines Genstücks (Transposon) in das Erbgut von menschlichen Hautzellen eingefügt, die Zellen verjüngt und die vier Gene nach getaner Arbeit wieder aus dem Erbgut herausgeschnitten. Die auf diese Weise gewonnenen iPS-Zellen entwickelten sich anschließend in verschiedene Gewebe. Kurz darauf präsentierten der deutsch-amerikanische Biomediziner Rudolf Jaenisch und Kollegen Nervenzellen, die sie auf ähnliche Weise aus Hautzellen von Parkinsonkranken gewonnen hatten. Sie hatten die vier Kontrollgene mit einem Virus eingeschleust und nach der Rückprogrammierung der Zellen wieder herausgeschnitten.
Nun ist es erstmals gelungen, die Gene gar nicht erst in das Erbgut einzufügen, um iPS-Zellen zu produzieren. Die Effizienz der Rückprogrammierung wird in Zukunft steigen, schreiben die Forscher um Thomson nun in "Science". Bald werde es möglich sein, iPS-Zellen, die frei von künstlichen Genen sind, auf verschiedene Weise herzustellen. Es werde wichtig, festzustellen, welche Methode am beständigsten iPS-Zellen produziert, die möglichst wenig fremde Einflüsse haben. Das in Deutschland verbotene therapeutische Klonen von embryonalen Stammzellen könnte so einmal ganz überflüssig werden.
Quelle: ntv.de