Debatte um Ausnahme-Sprinter Keine Vorteile durch Prothesen
03.11.2009, 11:56 Uhr
Der Ausnahmeläufer Oscar Pistorius aus Südafrika gewann während der Paralympics 2008 in Peking den 400-Meter-Lauf in 47,49 Sekunden - Weltrekord!
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Sprinter mit Prothesen an ihren amputierten Beinen haben ihren unbeschadeten Kollegen keine unfairen Vorteile voraus. Das berichtet eine Gruppe um Alena Grabowski vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den "Biology Letters" der britischen "Royal Society". Die Forscher bestätigen damit ähnliche Analysen und indirekt ein Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes (CAS).
Die Diskussionen hatten sich an den außergewöhnlichen Leistungen des südafrikanischen Ausnahme-Sprinters Oscar Pistorius entzündet. Obwohl ihm aufgrund einer Fehlbildung beide Unterschenkel amputiert wurden, sprintet er die 100 Meter schneller als fast alle anderen Läufer (10,91 Sekunden). Angesichts seiner federnden Hightech-Prothesen wurden und werden Fragen gestellt wie: Könnte er auch bei den nicht behinderten Läufern starten? Hätte er ihnen gegenüber einen Vorteil? Wie lässt sich seine Leistung überhaupt einschätzen?
Oscar Pistorius wurde trotz Prothesen zweiter beim 400-Meter-Lauf in Rom 2007.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Pistorius selbst jedenfalls nennt sich den "schnellsten Mann auf keinen Beinen" und dürfte – rechtlich gesehen – auch gegen Gesunde antreten. Pistorius hatte im vergangenen Jahr bei den Paralympics den 100-, 200- und 400-Meter-Lauf gewonnen. "Ich denke, das ist nur logisch, die nächste Stufe für mich sind Wettkämpfe gegen Nichtbehinderte", sagte er damals.
Genau geprüft
In ihrer Arbeitsgruppe für Bio-Mechatronik befasst sich Grabowski mit "passiv-elastischen Prothesen" und "vertikalen Kräften". Dahinter stehen die Fragen: Wie viel Kraft kann ein Sprinter – egal ob mit oder ohne Handicap – auf den Boden ausüben, und wie stark federn künstliche und natürliche Beine? Ideal zum Beantworten solcher Fragen, so schreiben die Forscher, sind einseitig amputierte Sprinter, von denen nun sechs in verschiedenen Geschwindigkeiten auf einem speziellen Laufband mit Sensoren unterwegs waren.
Zuvor wurden sie in jeder Hinsicht vermessen: Gewicht, Körpergröße, Beinlänge, Prothesengewicht und so fort. Die Maschine beschleunigte nach einer Aufwärmphase bis zur höchsten Laufgeschwindigkeit der Probanden. Die Auswertung zeigte, dass die vertikal auf den Boden ausgeübte Kraft bei den Beinen mit der Prothese im Durchschnitt um neun Prozent schwächer war als jene des gesunden Beines. Dies verringere aller Wahrscheinlichkeit nach eine höhere Geschwindigkeit von Sprintern mit Beinprothesen.
Laut einem CAS-Urteil von 2008 darf Pistorius bei allen Leichtathletik-Wettbewerben auf seinen Carbon-Stelzen ("Cheetahs") auch gegen nicht-behinderte Sprinter antreten. Zunächst war der Leitathletik-Weltverband (IAAF) davon ausgegangen, dass Pistorius durch seine federnden Prothesen einen beträchtlichen "mechanischen Vorteil" gegenüber nicht-behinderten Läufern habe. Genau das haben die CAS-Richter stark angezweifelt. Sie seien keineswegs überzeugt davon, dass es "einen ausreichenden Beweis für einen mechanischen Vorteil" durch die Hightech-Hilfen von Pistorius gibt, heißt es in dem mehr als 100 Punkte umfassenden Urteil.
Quelle: ntv.de