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Je kälter, desto schwerer Klima prägt die Statur des Menschen

Schädel und Knochen von Menschen aus unterschiedlichen Epochen wurden untersucht.

Schädel und Knochen von Menschen aus unterschiedlichen Epochen wurden untersucht.

(Foto: Manuel Will)

Vor Hunderttausenden Jahren waren die Ahnen des Menschen deutlich kleiner und leichter. Dass dies heute anders ist, hängt mit den klimatischen Bedingungen zusammen. Allerdings lässt sich damit nicht das heute im Vergleich größere Gehirn erklären.

Über die letzte Million Jahre hat das Klima die Statur des Menschen offenbar stark geprägt. Das berichten Forscher um Manuel Will von der Universität Tübingen nach der Analyse Hunderter menschlicher Fossilien aus diesem Zeitraum. Je niedriger die Temperaturen, desto schwerer waren die Menschen, wie die Forscher im Fachblatt "Nature Communications" schreiben. "Unsere Daten deuten darauf hin, dass das Klima - insbesondere die Temperatur - der Haupttreiber für die Veränderungen des Körpergewichts in der letzten Million Jahre war", sagt Andrea Manica vom Institut für Zoologie der Universität Cambridge.

Der moderne Mensch (Homo sapiens) entstand nach derzeitigem Kenntnisstand vor etwa 300.000 Jahren. Andere, inzwischen ausgestorbene Vertreter der Gattung Homo sind dagegen wesentlich älter - etwa der Neandertaler, der Homo erectus oder der Homo habilis, der vor etwa zwei Millionen Jahren lebte. Mit der Zeit hat sich das Erscheinungsbild im Lauf der Evolution stark verändert: So ist der moderne Mensch etwa 50 Prozent schwerer als der Homo habilis, sein Gehirn ist fast dreimal so groß.

Allerdings spielen bei der Statur viele Faktoren eine Rolle, auch die Ernährung. Um speziell den Einfluss des Klimas auf Körperbau und Gehirngröße zu klären, verglich das Team mehr als 300 Fossilien aus der vergangenen Million Jahre mit dem jeweiligen regionalen Klima. Die Untersuchung ergab, dass das Körpergewicht in diesem Zeitraum deutlich schwankte und stark mit der Temperatur korrelierte.

"Bergmannsche Regel" bei Tieren

In kälteren Regionen und zu kühleren Zeiten waren Menschen tendenziell schwerer. Diesen Trend, dass Populationen einer Art in kälteren Regionen eine kräftigere Statur haben, hatten Forscher schon bei Tieren festgestellt - er wird nach dem deutschen Biologen Carl Bergmann "Bergmannsche Regel" genannt. Als Grund dafür gilt, dass kräftigere Individuen eine im Verhältnis zum Volumen kleinere Oberfläche haben und so weniger Wärme abgeben.

Das könne man auch bei heutigen Menschen sehen, sagt Manica. "Menschen in wärmeren Klimazonen sind tendenziell leichter gebaut als Menschen in kälteren Klimazonen. Wir wissen jetzt, dass die gleichen klimatischen Einflüsse in den letzten Millionen Jahren am Werk waren."

Für das Gehirn fanden die Forscher jedoch keine solche Verbindung. "Die Umwelt hatte einen viel größeren Einfluss auf unser Körpergewicht als auf unsere Gehirngröße", sagt Erstautor Will. Größere Gehirne hatten den Autoren zufolge tendenziell etwa jene Menschen, die in Lebensräumen mit wenig Vegetation lebten. Möglicherweise jagten sie eher große Tiere, und die komplexe Aufgabe regte die Hirnentwicklung an, so eine Vermutung. Für das Wachstum des Gehirns spielten vermutlich auch weniger umweltbedingte Faktoren eine Rolle, etwa eine vielfältigere Ernährung, ein komplexes soziales Leben und eine höher entwickelte Technologie.

Quelle: ntv.de, Walter Willems, dpa

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