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Mit der Kraft der Gedanken Komapatienten antworten

Der Italiener Salvatore Crisafulli erwachte 2005 aus einem zweijährigen Koma. Wie er erzählte, war er während des Komas in der Lage, zu hören und zu verstehen.

Der Italiener Salvatore Crisafulli erwachte 2005 aus einem zweijährigen Koma. Wie er erzählte, war er während des Komas in der Lage, zu hören und zu verstehen.

(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)

Erneut haben Komapatienten nur via Gedankenkraft und Computer mit ihrer Umwelt Kontakt aufgenommen. Von Erfolgen bei Patienten mit nur noch minimalem Bewusstsein berichten belgische Forscher auf dem Europäischen Neurologen-Kongress in Berlin. Die vier Antworten Ja, Nein, Stopp und Go gaben die Probanden auf ein Dutzend Fragen allein durch Gedankenimpulse, die per Hirnstrommessung an einen Sprachcomputer weitergegeben wurden.

"Es erfordert sehr viel Erfahrung, um den Bewusstseinszustand von Komapatienten eindeutig zu diagnostizieren, zumal mit der Zuordnung auch heikle ethische Fragen verbunden sind", sagte Prof. Gustav Moonen (Lüttich). Das so genannte Brain-Computer-Interface (BCI) - ein EU-gefördertes Projekt, an dem internationale Forscherteams arbeiten - erlaube nun eine bessere Möglichkeit zu der schwierigen Diagnose, ob bei Komapatienten noch ein Bewusstsein vorhanden sei und ermögliche auch erstmals eine Kommunikation.

Minimal bei Bewusstsein

Die Coma Science Group um Prof. Steven Laureys hatte bereits im vergangenen Jahr für Aufmerksamkeit gesorgt, weil es den Forschern gelungen war, via BCI mit einem Wachkoma-Patienten in Kontakt zu treten, der 23 Jahre lang bewegungsunfähig bei Bewusstsein war (Locked-In-Syndrom).

Für ihre aktuelle Studie untersuchten sie nun Patienten mit nur noch minimalem Bewusstsein. "Wir stellen dem Patienten eine Frage, und der Sprachcomputer wiederholt die vier Antwortmöglichkeiten mehrmals. Anhand des EEG können wir erkennen, ob der Patient sich auf eine Antwort konzentriert und wenn ja, auf welche", erklärt Laureys das Prinzip.

Noch kein Routinebetrieb

Drei der zehn Komapatienten konnten mehr als die Hälfte der Fragen richtig beantworten, zehn hatten immerhin Trefferquoten von 25 bis 33 Prozent. "Es wird allerdings noch ein langer Weg, bis das Brain-Computer-Interface in den Routinebetrieb in Krankenhäusern Eingang finden wird", so Laureys. Mit diesem Verfahren könne man Patienten besser in die Behandlung einbinden und nach Schmerzen und Lebensqualität fragen, betonte Moonen. Allerdings würden sich dann mit Blick auf die in Europa uneinheitliche Regelung von aktiver und passiver Sterbehilfe auch neue ethische Fragen stellen.

Laut Expertenschätzungen gibt es in Europa etwa 230.000 Komapatienten pro Jahr, knapp 30.000 sind im ständigen Wachkoma. Die Tendenz ist wegen besserer Unfall- und Intensivmedizin steigend.

Quelle: ntv.de, dpa

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