Jahrhundert-Spektakel am Nachthimmel Kommt der Weihnachtskomet Ison?
30.10.2013, 12:10 Uhr
Der Komet Ison im Mai 2013, fotografiert vom Teleskop "Hubble".
(Foto: REUTERS)
Er könnte der faszinierendste Komet seit Hale-Bopp werden - oder aber ein großer Flop: Im November rast Ison an der Sonne vorbei, zu Weihnachten käme er der Erde am nächsten. Im besten Fall ist Ison heller zu sehen als die Venus. Überlebt er den "Sonnenkuss"?
Vor etwas mehr als einem Jahr beobachteten die weißrussischen Amateurastronomen Artjom Nowitschonok und Witali Newski einen schwachen, dunstigen Fleck auf ihren Aufnahmen des Nachthimmels. Zuerst hielten sie die Unregelmäßigkeit im Sternbild Krebs für einen Asteroiden - schnell stellte sich jedoch heraus, dass es sich um einen Kometen handelt: "Ison" wurde er getauft, benannt nach der Organisation, mit deren Instrumenten die beiden in dieser Nacht hantierten.
Die nun folgenden Untersuchungen ergaben schnell: Dieser Komet könnte eine Sensation werden. Die Bahn des Kometen führt ihn so nah an der Sonne vorbei, dass er sich unserem Heimatstern am 28. November 2013 bis auf drei Sonnendurchmesser nähern wird. Das ist nah. So nah, dass die Hoffnungen der Astronomen groß sind: Ison hat das Zeug, zu einem faszinierenden Himmelsspektakel zu werden. Denn so dicht an der Sonne wird jede Menge Staub freigesetzt, der zu einem eindrucksvollen Kometen-Schweif werden könnte.
Genaue Vorhersagen sind aber schwierig, wie bei vielen Kometen. Ison kommt zum ersten und letzten Mal in unser Sonnensystem. Es fehlen also Vergleiche mit früheren Besuchen des Himmelskörpers in Sonnennähe. Beim Halleyschen Kometen zum Beispiel, der im Schnitt alle 76 Jahre dem inneren Sonnensystem einen Besuch abstattet, ist die Sachlage anders. Dessen Verhalten lässt sich aufgrund zahlreicher Erfahrung und langer Beobachtung besser einschätzen.
Hätte, wäre, wenn
Wie viel wir von Ison am Ende tatsächlich zu sehen bekommen, hängt vor allem davon ab, wie der Komet den Vorbeiflug an der Sonne Ende November übersteht. Gravitation und Hitze könnten dem Himmelskörper so sehr zu schaffen machen, dass er einfach auseinanderfällt. Für ambitionierte Kometenjäger wäre das eine Katastrophe. Der Vorhang würde fallen, bevor der Protagonist die große Bühne überhaupt betreten hat.
Schon vor dem kritischen Punkt Ende November wird Ison aber stetig heller. Ab der Mitte des Monats, so erwarten es derzeit zumindest die Experten, wird er mit bloßem Auge sichtbar sein. Allerdings bleibt es zunächst ein Schauspiel für Frühaufsteher: Der Eisbrocken macht es sich bis zu seiner Begegnung mit der Sonne in der Morgendämmerung gemütlich. Dann jedoch könnte er so hell werden, dass er einige Tage lang auch am Tageshimmel neben unserem Heimatgestirn zu sehen ist. Vor ungeschützter Beobachtung sei allerdings gewarnt: Direkte Blicke in die Sonne können irreversible Schäden im Auge verursachen. Auch wenn die Verlockung groß ist, sollte man sich an einer Beobachtung nur mit professioneller Anweisung versuchen.
Blick in die Dezember-Nacht lohnt
Sollte Ison diesen "Sonnenkuss" überleben, könnte ein spektakulärer Dezember-Nachthimmel auf Beobachter warten. Der Schweif wird sich in der ersten Dezemberwoche auf seine maximale Länge ausdehnen, wenn auch der Komet selbst langsam wieder an Helligkeit verliert. Ison könnte zur faszinierendsten Erscheinung am Nachthimmel werden, die es seit vielen Jahren gab. Selbst wenn Mitte Dezember das Licht des Vollmondes das Himmelspektakel ein wenig trübt. Mit bloßem Auge sichtbar sein wird der Komet im besten Fall bis Anfang Januar, danach muss, wer Ison ein für alle Mal verabschieden möchte, zum Fernglas oder zum Teleskop greifen.
Die Astronomen sind derzeit optimistisch, dass der Komet den vielversprechenden Ankündigungen gerecht werden könnte. Doch mehr als Tipps abgeben kann niemand - zu viele Faktoren beeinflussen Isons Werdegang. Experten der Nasa schätzen, dass der Komet etwas heller werden könnte als die Venus. Das wäre ziemlich eindrucksvoll: Das Licht, das unser Nachbarplanet reflektiert, ist in Bestform sogar dazu in der Lage, dafür zu sorgen, dass Objekte auf der Erde einen Schatten werfen.
Es bleibt spannend bis zum Schluss. Auch wenn Wissenschaftler in der Lage sind, die Bahnen vieler Himmelskörpern Jahrhunderte im Voraus zu bestimmen, niemand kann mit Sicherheit sagen, was am Ende aus Ison wird: Entweder eine leuchtende Erscheinung am Nachthimmel, die uns lange im Gedächtnis bleiben wird. Oder aber nichts als ein Eisbrocken, der bei seinem Vorbeiflug an der Sonne im All zerbröselt.
Quelle: ntv.de