Die Auswirkungen des Artensterbens Krankheiten breiten sich aus
03.12.2010, 11:59 Uhr
Infektionskrankheiten treffen arme Menschen besonders hart.
(Foto: picture-alliance / dpa)
Eigentlich könnte man annehmen, dass mit dem Aussterben vieler Lebewesen auch die Krankheiten weniger werden. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Das finden Forscher anhand von zahlreichen Beispielen heraus und fordern eindringlich dazu auf, die Artenvielfalt zu erhalten.
Der weltweite Verlust der Artenvielfalt bedroht direkt die Gesundheit des Menschen. Mit dem Verschwinden von Tier- und Pflanzenarten können sich Infektionskrankheiten besser ausbreiten. Das berichten Wissenschaftler im Journal "Nature". In vielen bedrohten Ökosystemen verschwänden ausgerechnet jene Arten zuerst, die die Übertragung von Infektionskrankheiten eindämmten. Zurück blieben jene, die Krankheitserreger besonders gut verbreiteten.
Die Forscher um Felicia Keesing vom Bard College (Annandale/US-Staat New York) hatten die wissenschaftliche Literatur durchforstet, um Antworten auf die Frage zu finden, wie der Verlust der Artenvielfalt und die Ausbreitung von Infektionskrankheiten zusammenhängen. Grundsätzlich sei denkbar, dass mit den Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen auch zahlreiche Krankheiten von der Erde verschwinden. Die Arbeit ergab indes, dass meist das Gegenteil der Fall ist.
Verbreitung des West-Nil-Virus

Sterben bestimmte Vogelarten aus, können sich Mücken, die unter anderem Mensch und Tiere mit West-Nil-Fieber infizieren, ungehindert ausbreiten.
(Foto: picture-alliance / dpa)
Ein Beispiel: das West-Nil-Virus. Es wurde erstmals 1937 in Uganda isoliert und breitet sich seit dem Ende des vergangenen Jahrhunderts verstärkt in Nordamerika aus. Das Virus wird von Mücken übertragen. Hauptsächlich infiziert es Vögel, aber auch Pferde, Menschen und andere Säugetiere können sich anstecken.
In verschiedenen Untersuchungen fanden Forscher heraus, dass das Infektionsrisiko für den Menschen steigt, wenn die Artenvielfalt der örtlichen Vogelwelt gering ist. In solchen Tiergemeinschaften kommen vor allem solche Arten vor, die gute Wirte für das Virus sind. Weniger geeignete Wirte, die die Verbreitung des Virus‘ eindämmen könnten, seien dort selten.
Artenvielfalt dringend erhalten
Weiteres Beispiel ist die Infektionskrankheit Schistosomiasis, die von Saugwürmern übertragen wird. Die Tiere (Schistosoma mansoni) infizieren in verschiedenen Entwicklungsstadien abwechselnd Schnecken und Menschen. Die Parasiten wurden einmal in ein Becken mit der Wirts-Schneckenart und einmal in eines mit zusätzlichen ein oder zwei weiteren Schneckenarten gesetzt, die nicht Wirt für den Parasiten sind. In dem Becken, in dem sich nur die Wirtsschnecke befand, war knapp ein Drittel von ihnen mehr infiziert als in dem Aquarium mit weiteren Schneckenarten. Dies liege daran, dass sich die Parasiten dort gelegentlich wie in einer Sackgasse in ungeeignete Schnecken "verirrten" – und ihre Entwicklung gestoppt werde, erklären die Forscher.

Zahlreiche Kliniken versuchen mit spezieller Ausrüstung hochansteckenden Infektionskrankheiten zu begegnen.
(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)
Die Artenvielfalt zu erhalten sei also die beste Möglichkeit, um die Ausbreitung von Infektionskrankheiten zu verhindern, schreiben Keesing und ihre Kollegen. Dies sei umso wichtiger, je weiter der Mensch in bisher unberührte Landschaften vordringe und diese für seine Zwecke umgestalte: "Wenn die biologische Vielfalt abnimmt und der Kontakt zum Menschen zunimmt, ist dies das beste Rezept für den Ausbruch von Infektionskrankheiten", erklärte Andrew Dobson von der Princeton University (Princeton/US-Staat New Jersey), einer der beteiligten Forscher.
Quelle: ntv.de, dpa