Zu wenig Impfungen Masernschutz reicht nicht
18.01.2007, 12:37 UhrDeutschland ist nach Expertenansicht immer noch nicht gegen gefährliche Masernepidemien gefeit. "Die Durchimpfungsrate ist zwar besser geworden, aber längst nicht zufrieden stellend", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (RKI) und Leiter des Kölner Gesundheitsamts, Jan Leidel, in einem dpa-Gespräch. Um die bis 2010 angestrebte Ausrottung der hoch ansteckenden Masern zu erreichen, müssen mindestens 95 Prozent der Kinder bis zum Ende des zweiten Lebensjahrs zwei Mal geimpft sein. Die Schuleingangsuntersuchungen 2005 ergaben aber eine bundesweite Quote von nur 73 Prozent.
Würden bestehende Impflücken nicht geschlossen, könne Deutschland international eine zweifelhafte Spitzenposition beibehalten. "Derzeit sind wir Vize-Weltmeister im Export von Masern", betonte der Experte. So erreichten Masernviren aus Deutschland 1998 sogar Brasilien und vier Jahre später Venezuela, wo es jeweils zu Massenausbrüchen kam. Die USA, wo Masern durch konsequentes Impfen längst bedeutungslos seien, hätten zeitweise sogar eine Visumspflicht mit Impfnachweis für einreisende Deutsche erwogen, sagte Leidel.
In Deutschland wurden im vergangenen Jahr rund 2300 Masernfälle beim RKI registriert, davon mehr als 1700 bei einem großen regionalen Ausbruch in Nordrhein-Westfalen. 2005 waren es bundesweit 780, im Jahr zuvor lediglich 122 Fälle. "Wir haben aus den letzten großen Ausbrüchen wie im vergangenen Sommer in Nordrhein-Westfalen gelernt, dass sich das Gros der Erkrankungen in höhere Altersstufen verlagert", berichtete Leidel. Bei jüngeren Kindern sei die Durchimpfungsquote offensichtlich doch schon besser. Auch schwierige Krankheitsverläufe und Komplikationen nähmen mit dem steigenden Alter der Patienten zu.
Es gebe jedoch das Problem, dass die älteren Impfkandidaten kaum noch vom Kinderarzt erreicht würden. "Die angebotene Jugenduntersuchung J1 nimmt weniger als ein Drittel der 12-bis 13-Jährigen wahr", sagte Leidel. Deshalb sei eine gemeinsame Aktion von Kinderärzten, Hausärzten und dem öffentlichen Gesundheitsdienst nötig.
Quelle: ntv.de