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Frühestens in zehn Jahren Medikament gegen Alzheimer

Ein wirksames Medikament gegen Alzheimer wird es nach Schätzung des renommierten Zellforschers Kai Simons frühestens in zehn Jahren geben. Der neue Ansatz aus Dresden sei ein erster Schritt dorthin, sagte der Leiter der Forschungsgruppe am Dresdner Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik. Seit etwa zwei, drei Jahren forscht ein Team unter seiner Leitung an der Hemmung eines Enzyms, das bestimmte Proteine spaltet und damit die Auslöser von Alzheimer produziert.

"Nur fünf Prozent der frühen Alzheimer-Krankheiten sind genetisch bedingt", sagte der 69-Jährige. Ein Hauptakteur bei der Alzheimer- Krankheit sei das Amyloid-Precursor-Protein (APP). "Es wird in die Zellen geschleust und gespalten. Daraus entstehen verklumpte Proteinfragmente, sogenannte Amyloid-Ablagerungen oder Plaques." Diese sind für Alzheimer verantwortlich.

Viele unbekannte Faktoren

Alzheimer sei eine altersbedingte Erscheinung. "Es gibt auch Faktoren, die wir noch nicht kennen." Sport und geistige Bewegung könnten nicht schaden, aber ob sie helfen, Alzheimer zu verhindern oder zu verzögern, sei nicht erwiesen. "Klare Tipps gibt es nicht", sagte Simons.

"Wir haben herausgefunden, dass APP von Geburt an in allen Zellen gespalten wird", so der Mediziner. Irgendwo im Körper entstehe zu unbekanntem Zeitpunkt eine kritische Konstellation. "Wir leben immer länger, da kommen viele Probleme zum Vorschein, die vor 200 Jahren nicht da waren."

Obwohl weltweit geforscht werde, gebe es bisher keine Heilung, weder ein erfolgreiches Medikament noch eine echte Therapie. "Die Pharmaindustrie sucht schon lange vergeblich nach einem Medikament, das die von Enzymen ausgelöste Spaltung hemmen könnte." Auch eine Firma in den USA arbeite wie die Dresdner über den Beta-Sekretase- Hemmer, verwende aber chemisch konstruierte Hemmer. "Wir haben mit Cholesterin-Ankern die beste Wirkung erzielt", berichtete Simons. An Alzheimer-Mäusen habe es schon funktioniert, aber nur wenn die Hemmer direkt ins Hirn injiziert wurden.

Medizin an den richtigen Ort bringen

"Wir müssen weitere Versuche machen, um zu zeigen, dass der Wirkstoff konstant auch im Blut die Hirnschranken passieren kann, um ins Gehirn zu gelangen." Nach weiteren Tierversuchen könne man in etwa zwei Jahren in klinische Studien übergehen, schätzt Simons. Diese dauerten dann noch mal fünf bis zehn Jahre. Die ersten Erfolge zeigten jedoch, dass Behandlung prinzipiell möglich sei. "Es ist ein guter Anfang, aber keine Hoffnung für Patienten, die sie heute brauchen würden."

"Wir glauben, dass das Prinzip bald auch für andere therapeutische Hemmstoffe bei anderen Krankheiten anwendbar ist wie Aids, Grippe, Ebola oder Allergien wie Asthma." Auch dort nutzten die Viren die sogenannten Rafts, also kleine Nanoflöße, um von Zelle zu Zelle zu kommen. Die Wissenschaftler um Simons, darunter Chemiker der TU Dresden und zwei Kollegen in Göttingen, haben sich ihre Idee bereits vor den Experimenten patentieren lassen.

Quelle: ntv.de

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