Neues, altes Bild der Galaxie Milchstraße hat mehr Arme als gedacht
20.12.2013, 01:49 Uhr
Der Aufbau der Milchstraße ist von der Erde aus nur schwer zu bestimmen.
(Foto: imago stock&people)
Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht - dasselbe Problem haben Astronomen, wenn es um unsere Heimatgalaxie geht. Deshalb währt der Streit um die Anzahl der Spiralarme der Milchstraße bereits seit vielen Jahren. Jetzt gelten wieder bereits überholte Annahmen.
Unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, besitzt doch vier Spiralarme - und nicht nur zwei. Das besagt zumindest eine Langzeitstudie im britischen Fachblatt "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" (MNRAS). Zuvor hatten 2008 veröffentlichte Beobachtungen mit dem US-Weltraumteleskop "Spitzer" nahegelegt, dass unsere Heimatgalaxie lediglich zwei Arme besitzt. Da sich die Erde innerhalb der Sternenscheibe der Milchstraße befindet, können Astronomen nicht wie bei anderen Galaxien von oben auf sie schauen. Ihre Struktur ist daher nur schwer zu bestimmen.
Astronomen hatten seit den 1950er Jahren angenommen, dass die Milchstraße eine Spiralgalaxie ist, um deren Zentralbereich sich vier Spiralarme winden. Das Infrarot-Teleskop "Spitzer" der US-Raumfahrtbehörde Nasa hatte dann jedoch die Verteilung von 110 Millionen kleineren Sternen in der Milchstraße vermessen und dabei nur Hinweise auf zwei Spiralarme gefunden. Die Astronomen um James Urquhart vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn haben nun über zwölf Jahre insgesamt 1650 besonders große Sterne mit verschiedenen Radioteleskopen beobachtet. Die Verteilung der großen Sterne zeige vier Spiralarme, berichten die Forscher.
Massereiche Sterne im Visier
"Das heißt nicht, dass unsere Ergebnisse richtig und die von ‘Spitzer’ falsch sind - beide Untersuchungen haben nach unterschiedlichen Dingen geschaut", erklärt Koautor Melvin Hoare von der englischen Universität Leeds in einer Mitteilung seiner Hochschule. "‘Spitzer’ sieht nur viel kühlere, masseärmere Sterne wie unsere Sonne, die sehr viel zahlreicher sind als die massereichen Sterne, die wir ins Visier genommen haben."
Große Sterne sind selten, weil sie ihren Brennstoff sehr schnell verbrauchen. Während unserer Sonne als eher kleinem Stern eine Lebensspanne von insgesamt rund zehn Milliarden Jahren beschert ist, werden die großen Sterne aus der neuen Studie typischerweise nur etwa zehn Millionen Jahre alt, also tausendmal weniger.
Die massereichen Sterne sind daher im Schnitt deutlich jünger und befinden sich damit näher an ihrem jeweiligen Geburtsort, der typischerweise in stark verdichteten Gaswolken liegt. Anders als die langlebigen, massearmen Sterne haben die Riesensonnen nicht ausreichend Zeit, um sich in der Scheibe unserer Galaxie zu verteilen. "Massearme Sterne leben viel länger als massereiche und kreisen viele Male um unsere Galaxie, wobei sie sich in der Scheibe verteilen", erläutert Hoare. "Das Gas ist jedoch in allen vier Armen komprimiert genug, um im großen Umfang Sterne zu produzieren."
In den kommenden Jahren soll das gerade gestartete Weltraumteleskop "Gaia" der europäischen Raumfahrtagentur Esa eine Milliarde Sterne der Milchstraße mit nie dagewesener Genauigkeit erfassen. Aus den Daten soll eine dreidimensionale Karte unserer Heimatgalaxie entstehen.
Quelle: ntv.de, ail/dpa