Wissen

Biopiraten und Patente "Naturwissen" gehört allen

Ein US-Unternehmer erhält ein Patent für eine gelbe Bohnensorte, die schon vor Jahrtausenden in Südamerika angepflanzt wurde. Ein Extrakt des indischen Neembaums wird in den USA und in Europa als Schädlingsbekämpfungsmittel patentiert. Ein deutsches Unternehmen gewinnt ein Substrat aus traditionell genutzten afrikanischen Geranien und verkauft es als Mittel gegen Atemwegkrankheiten. Einige solcher Patente wurden zwar nach jahrelangem Rechtsstreit inzwischen zurückgenommen. Die Konvention über die biologische Vielfalt will jedoch erreichen, dass traditionelles Wissen und Wirkstoffe nicht mehr so einfach verkauft werden können - und wenn doch, sollte die Bevölkerung auch davon profitiert.

Diese "gerechte Gewinnbeteiligung" wird einer der Schwerpunkte auf der UN-Konferenz über die biologische Vielfalt vom 19. bis 30. Mai in Bonn sein. "Dort müssen nun die Pflöcke eingeschlagen werden, damit es bis 2010 zu einem konkreten Abkommen kommen kann", betont Konrad Uebelhör, Programmdirektor Biodiversitätskonvention der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (gtz). Das Bundesunternehmen verwirklicht Projekte des Entwicklungshilfeministeriums.

Ein Hauptanliegen sei, dass Konzerne und Forscher die jeweiligen Länder um Erlaubnis fragen müssen, wenn sie nach nützlichen Pflanzen oder Genen suchen. Bei der Verwertung traditionellen Wissens sollten zudem die entsprechenden Völker gefragt werden, fordert Uebelhör. "Nötig sind klar formulierte Gewinnbeteiligungen." Dazu könne auch zählen, dass die Technik zur Identifizierung der Wirkstoffe und Herstellung der Produkte in die ärmeren Länder transferiert werde, ebenso nötig sei aber auch die entsprechende Ausbildung der Bevölkerung.

Erste Erfolge

Rund 190 Länder sind der Konvention beigetreten. Als einziges Industrieland lehnen die USA mit ihrer riesigen Pharmaforschung diesen Vertrag ab. Gegen die ersten zwei Ziele der Konvention, den Schutz der biologischen Vielfalt und ihre nachhaltige Nutzung, habe auch Washington nichts einzuwenden gehabt, erläutert Uebelhör. Das dritte Ziel der Konvention, die gerechte Aufteilung der Gewinne aus der Nutzung der biologischen Wirkstoffe, sei jedoch auf harten Widerstand von US-Konzernen gestoßen.

Dennoch können sich die USA den Regeln nicht ganz entziehen. So wollten auch sie Samen aus internationalen Saatgutbanken entnehmen und kommerziell nutzen. Dafür mussten sie laut Uebelhör einem Vertrag der Weltlandwirtschaftsorganisation FAO beitreten, der eine Gewinnbeteiligung verlange. "Auch US-Unternehmen können sich nicht komplett gegen die Konvention stellen, weil sie sonst etwa in Indien Proteste fürchten müssten", ergänzt sein gtz-Kollege Andreas Drews. "Die Rolle der Nichtregierungsorganisationen ist dabei ganz wichtig."

Fehlentwicklung im Patentwesen

Drews sieht zudem eine Fehlentwicklung innerhalb des Patentwesens. Der Antragsteller für ein Patent müsse derzeit nicht offenlegen, woher seine Substanzen stammen. Daher gebe es eine "riesige Dunkelziffer" an Biopiraterie. "Wir fordern daher, dass bei der Zulassung etwa von Wirkstoffen, Novel Food und Kosmetika offengelegt wird, woher die Ressourcen stammen." Dieses Verfahren habe Norwegen bereits eingeführt.

Doch nach langem Ringen zeigen sich erste Erfolge: Ein Fall bei dem traditionelles Wissen honoriert werde, sei das Volk der San im Süden Afrikas, sagt Frank Barsch, Artenschutzexperte der Umweltstiftung WWF. Die Jäger und Sammler kauten die kakteenähnliche Pflanze Hoodia bei ihren Zügen durch die Kalahari, um Hunger zu unterdrücken. Das südafrikanische Forschungszentrum CSIR isolierte aus dem Gewächs den Appetitzügler P57 und ließ ihn als Diätmittel patentieren. Über mehrere Umwege ist nun auch der Unilever-Konzern bei der Produktentwicklung involviert.

Nach vielen Protesten erhielten die San 2003 schließlich eine Lizenz-Beteiligung vom CSIR. Von 2009 an soll auch Unilever etwas beisteuern. San-Kommunen können sich bei einem Treuhandfonds um Fördergeld für soziale Projekte bewerben. "Das passiert leider noch viel zu selten, weil sie angeleitet werden müssen, um den Antrag zu stellen", sagt Barsch. Da die Gefahr der Hoodia-Ausrottung bestehe, lehrte er drei Jahre in San-Gemeinden, Hoodia anzupflanzen. "Das wäre lebendiges traditionelles Wissen." Der WWF fordert von der Konferenz, dass die Lizenzerträge für eine soziale und ökologisch nachhaltige Entwicklung genutzt werden.

Simone Humml, dpa

Quelle: ntv.de

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